_ Wenn Kinder und Jugendliche mit ADHS auf den Goldstandard Methylphenidat (MPH) nicht ausreichend ansprechen oder unter der Therapie inakzeptable Nebenwirkungen entwickeln, kann eine Umstellung auf Dexamfetamin erfolgreich sein. Obwohl Dexamfetamin (Attentin®) ebenfalls zu den Psychostimulanzien zählt, spricht ein beachtlicher Anteil der MPH-Non-Responder darauf an, berichtete Dr. Roland Burghardt, leitender Kinder- und Jugendpsychiater am Klinikum Frankfurt/Oder. Aufgrund seiner höheren Effektstärke ermögliche das Präparat „nochmals eine deutliche Fokussierung im Aufmerksamkeitsbereich.“

Nebenwirkungen unter MPH müssen nicht zwangsläufig auch bei einer Dexamfetamin-Therapie auftreten. „Wir machen immer eine individualisierte Therapie nach dem Motto ‚Trial and Error‘“, ergänzte Dr. Henrik Uebel-von Sandersleben, leitender Kinder- und Jugendpsychiater an der Universität Göttingen. Er ermunterte die Ärzteschaft, alle in der ADHS-Therapie verfügbaren Medikamente auch einzusetzen, um betroffenen Kindern adäquat helfen zu können.

Die Wahl des jeweiligen Präparates sollte sich an den Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren. Zielsymptome und Zeitspanne der medikamentösen Unterstützung (vormittags, nachmittags, ganztags) seien dabei genauso zu berücksichtigen wie etwaige komorbide Störungen und unerwünschte Wirkungen (z. B. Appetitminderung, Schlafstörungen).

Burghardt hob die gute Steuerbarkeit von Dexamfetamin hervor. Im Gegensatz zum Alternativwirkstoff Lisdexamfetamin, der erst nach 2–3 Stunden pharmakologisch aktiv sei, setze die Wirkung von Dexamfetamin bereits nach 20–30 Minuten ein. Bei Kindern, die auf Lisdexamfetamin eingestellt sind, könne deshalb eine geringe Add-on-Dosis Dexamfetamin morgens als „Starter“ sinnvoll sein.

Laut Uebel-von Sandersleben ist in den meisten Fällen eine Tagesdosierung von 5–10 mg (maximal 20 mg) Dexamfetamin ausreichend, beginnend mit 5 mg/Tag. Aufgrund der gut teilbaren Snap-Tablette könne die Dosis sogar in wöchentlichen 2,5- oder 1,25-mg-Schritten auftitriert werden.