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Dr. Christina Lampe, Zentrum Seltene Erkrankungen, Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden

Formen: Morbus Hurler (MPS I-H, schwere Form), Morbus Scheie (MPS I-S, attenuierte Form), Morbus Hurler-Scheie (MPS I-H/S, Intermediärform)

Prävalenz: ~ 1 : 100.000 Lebendgeburten

Gen/Erbgang: Defekt des IDUA-Gens auf dem Chromosom 4p16.3/autosomal-rezessiv

Pathophysiologie: Es liegt eine Defizienz des Enzyms α-L-Iduronidase vor. Dadurch ist der Abbau von Glykosaminoglykanen, den Baustoffen der extrazellulären Matrix, gestört. Diese häufen sich somit kontinuierlich in den Lysosomen fast aller Gewebe und Organe an und stören deren Funktion.

Befunde: Die MPS I ist eine von sieben verschiedenen Formen der Mukopolysaccharidosen. Teilweise ähneln sie sich im Erscheinungsbild und sind nur laborchemisch zu unterscheiden. Die MPS I ist sehr variabel in Krankheitsbeginn, Schwere und Verlauf, jedoch in jedem Fall progredient verlaufend. Der M. Hurler geht mit einer progredienten geistigen Beteiligung einher und tritt bereits im Säuglingsalter auf, der M. Scheie wird häufig als rheumatologische Erkrankung fehlgedeutet.

Typ I-H: Er beginnt bereits im Säuglingsalter und hat einen schweren Verlauf mit Verlust der kognitiven Fähigkeiten. Typische Merkmale sind ein Gibbus, grobe Gesichtszüge, Hepato- und/oder Splenomegalie, Inguinal- und Umbilikalhernien, häufige Infekte der oberen und unteren Luftwege, Hornhauttrübung, Seh- und Hörschwäche, Gelenkkontrakturen, eine kardiale Beteiligung sowie ein dysproportionierter Kleinwuchs.

Typ I-S: Beim Morbus Scheie handelt sich um eine mildere Form der Erkrankung ohne geistige Beteiligung. Die Symptome treten im Kleinkindalter auf, sind oft zunächst subtil, jedoch progredient. Leitsymptom sind Gelenkkontrakturen, vor allem der Fingergelenke. Weitere Symptome sind unter anderem rezidivierende Infekte der Luftwege, eine Hornhauttrübung, eine kardiale Beteiligung, Hernien sowie ein Karpaltunnelsyndrom in der Kindheit.

Typ I-H/S: Es zeigt sich ein intermediäres Erscheinungsbild.

Diagnose: Als erste Screeninguntersuchung eignet sich die Messung der Glykosaminoglykan-Ausscheidung im Urin, die bei MPS I vermehrt ist. Goldstandard der Diagnostik ist die Messung der Enzymaktivität im Blut oder in den Fibroblasten. Es sind aber auch einfache Trockenblutkarten-Tests erhältlich, die einen hochgradigen Verdacht liefern können. Im nächsten Schritt erfolgt die genetische Testung. Hinweise geben ebenso Röntgenaufnahmen des Skeletts, die eine Dysostosis multiplex zeigen: verkürzte und plumpe Röhrenknochen, bikonvexe Wirbelkörper mit Hakenbildung, ruderblattförmige Rippen, eine Hüftdysplasie beidseits, verkürzte und verbreiterte Mittelhand- und Mittelfußknochen, eine verdickte Kalotte.

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Kind mit Morbus Hurler

© Springer Medizin Verlag

Therapie: Beim M. Hurler ist die Therapie der ersten Wahl die hämatopoetische Stammzelltransplantation bis zum Alter von 2–2,5 Jahren. Die progrediente kognitive Beteiligung kann damit gestoppt werden. Ab diesem Alter sowie für alle anderen MPS-I-Patienten steht eine Enzymersatztherapie mit Iduronidase (Aldurazyme®) zur Verfügung. Entscheidend ist ein möglichst früher Therapiestart.