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Dr. med. Thomas Hoppen, Koblenz

Das Tu Du Hospital befindet sich in Ho Chi Minh City, Vietnam, und ist mit etwa 60.000 Entbindungen jährlich bei 1.200 geburtshilflichen Betten eine große Einrichtung. Die Neonatologie verfügt über 180 Betten, dort wurden im Jahr 2012 beeindruckende 16.200 Neugeborene behandelt. Das heißt, in jedem Inkubator befinden sich durchschnittlich drei Neugeborene. Üblicherweise werden alle Kinder < 2.500 g oder < 37 SSW in der Neonatologie aufgenommen und folglich früh von der Mutter getrennt. Im Rahmen dieser kontrollierten Studie wurden von insgesamt 2.230 Kindern des Jahres 2011 mit einem Geburtsgewicht zwischen 1.500 und 2.500 g je 50 Neonaten bei Geburt in eine erste Gruppe mit herkömmlicher Pflege oder in eine zweite Gruppe mit frühem „skin to skin“-Kontakt zur Mutter randomisiert. Das durchschnittliche Gestationsalter lag in beiden Gruppen bei gut 33 SSW.

Es zeigte sich, dass die zweite Gruppe postpartal deutlich besser im Hinblick auf die Transition abschnitt. Der Bedarf an Atemunterstützung, parenteraler Flüssigkeitszufuhr und Antibiotikagabe war signifikant geringer.

Kommentar

Trennung von Mutter und Kind in den ersten Stunden postnatal verzögert die physiologische Adaptation und erhöht den Bedarf für medizinische Interventionen — nicht nur auf Seiten des Kindes. Das Ergebnis überrascht nicht. Allerdings hat diese Studie zahlreiche Limitationen. Hierzu gehört unter anderem der enorme „work-load“ in der Neonatologie mit einer extremen räumlichen Enge. So war hier zum Beispiel kein Stillen während der Beobachtungszeit von sechs Stunden möglich. Dass die Mutter ihr Kind in der Kontrollgruppe erst wieder nach dessen Entlassung aus der Neonatologie zu Gesicht bekam, wäre in Deutschland unvorstellbar. Durch zahlreiche Ausschlusskriterien verminderte sich zudem die Zahl der aufgenommenen Kinder, allein 1.020 Neugeborene, die per Sectio entbunden wurden. Etwas eigenartig und apodiktisch muten auch die üblichen Verlegungskriterien in die Neonatologie an. Erfreulich ist aber die Mitteilung, dass die „stressreduzierende“ Vorgehensweise mit frühem Hautkontakt zur Mutter postpartal auch für die Patientengruppe überwiegend später Frühgeborener mit einem durchschnittlichen Geburtsgewicht um 2.000 g mit einer hohen Sicherheit und als vorteilhaft für die Anpassung belegt werden konnte.

Eine frühe Mutter-Kind-Interaktion ist bedeutend für einen erfolgreichen Bonding-Prozess und erhöht auch die Stillrate. Also „breastsleeping“ und „breastfeeding“ ergänzen und potenzieren sich. Geburtshilfe und Neonatologie sind eine familienzentrierte Einheit und müssen für dieses gemeinsame Ziel mit gegenseitiger Antizipation an einem Strang ziehen.