figure 1

Die Infektiologen trafen sich in Frankfurt am Main.

Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) tagte in diesem Jahr vom 28.–30. April in der Mainmetropole Frankfurt. Das Programm bot einen vielfältigen Überblick über die Diagnostik und Therapie von Infektionskrankheiten im Kindesalter und stellte sich den Herausforderungen der Prävention ebenso wie der zunehmenden Problematik der Antibiotikaresistenz. Eine Auswahl aus dem breiten Themenspektrum haben wir für Sie zusammengefasst.

© Juergen Sack / iStock

Antibiotika in der Praxis: Zurückhaltung geboten

Antibiotika sind ein wesentliches Werkzeug in der pädiatrischen Infektiologie. „Doch wir stehen vor der Gefahr, dass diese Waffe stumpf wird“, sagte Prof. Dr. Hans-Iko Huppertz, Prof.-Hess-Kinderklinik Bremen. Antibiotika-Resistenzen stellen die Pädiatrie vor immer größere Herausforderungen.

Wesentliche Gründe für Resistenzen sind ein zu häufiger und unsachgemäßer Einsatz von Antibiotika. Ein „Antibiotic Stewardship“ sei nicht nur in Kliniken, sondern auch im ambulanten Bereich von großer Bedeutung, betonte Huppertz. Impfungen und Hygiene zur Prävention von Infektionskrankheiten tragen außerdem dazu bei, Antibiotika zu sparen.

Ist eine Antibiotika-Therapie erforderlich, sei eine gezielte antibiotische Therapie optimal, die die Kenntnis des Erregers und dessen Sensibilität voraussetzt, sagte Huppertz. In der Praxis erfolgt eine Antibiotikagabe jedoch häufig kalkuliert, wenn ein bestimmter Erreger vermutet wird, oder wird empirisch begonnen, wenn der Erreger unbekannt ist. „Bei manchen Erkrankungen wie bei Verdacht auf Pyelonephritis, Meningitis, Osteomyelitis oder septischer Arthritis ist eine empirische Therapie verboten und ein Kunstfehler“, erklärte Huppertz. Der Erreger sei zu isolieren, um nach Beginn einer kalkulierten Antibiotikagabe mit einer gezielten Therapie fortzufahren.

Bei vielen Infektionen in der pädiatrischen Praxis sei die Gabe von Antibiotika unnötig, so Huppertz. Die Eltern sollten entsprechend aufgeklärt werden. Eine Angina tonsillaris beispielsweise ist meist viral bedingt und eine Antibiotika-Therapie daher nicht sinnvoll. Prädiktoren für eine Tonsillopharyngitis durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (GAS) sind Fieber, das Fehlen von Husten, schmerzhafte vordere Halslymphknoten, Tonsillenschwellung und -exsudate sowie ein Alter unter 15 Jahren (McIsaac-Kriterien). Sind drei bis fünf der Kriterien erfüllt, sollte ein Streptokokken-Schnelltest erfolgen. Bleibt dieser negativ und besteht der Verdacht weiter, sollte eine Kultur angelegt werden. Bei entsprechenden klinischen und bakteriologischen Befunden ist eine Therapie mit Penicillin über sieben Tage angezeigt.

Bei gesicherter bakterieller Otitis media können Antibiotika den Krankheitsverlauf zwar etwas bessern, erklärte Huppertz. Bei bis zu einem Drittel der Kinder kommt es jedoch zu Nebenwirkungen wie Diarrhö. Bei Säuglingen unter sechs Monaten sollte eine Otitis media mit Antibiotika behandelt werden. Auch Kinder unter zwei Jahren sollten bei gesicherter Diagnose ein Antibiotikum erhalten, bei fraglicher Diagnose kann abgewartet werden. Bei älteren Kindern mit gesicherter Otitis media ist nur bei schwerem Krankheitsbild mit ausgeprägten Ohrenschmerzen und hohem Fieber die Gabe eines Antibiotikums erforderlich. Ausnahmen sind Risikofaktoren wie Cochleaimplantat, Immundefekt oder kraniofaziale Fehlbildungen, die eine sofortige antibiotische Therapie der Otitis media in jedem Alter erforderlich machen. Die Therapie erfolgt für 5–10 Tage mit Amoxicillin, eventuell in Kombination mit Clavulansäure.

Um die Verordnungspraxis zu verbessern, sollten Ärzte Fortbildungen zum Thema „Antibiotic Stewardship“ absolvieren, empfahl Huppertz. Überlegenswert sei die Einführung einer Zertifizierung als Voraussetzung, dass ein Arzt Antibiotika verschreiben darf.