Infektiologen aus der klinischen Praxis beschreiben die Falldiskussionen in Brighton als ihr persönliches ESPID-Highlight, in der die diagnostische Expertise der Zuhörer herausgefordert wird. Dr. Jolanta Bernantoniene von der Universität Bristol erläuterte, dass hinter den bei Kleinkindern häufigen fiebrigen Symptomen eine klassische Tropenkrankheit stecken kann. Ein 12 Monate altes Mädchen litt seit etwa 10 Wochen an Fieber, Erkältungen, Husten und Konjunktivitis. Das Kind war nicht geimpft, die Familie lebt auf einem Boot, die Eltern sind Anhänger der Homöopathie. Mit zunehmender Symptomatik landete das Mädchen mit Hepatosplenomegalie in der Klinik. Nach gescheiterten Therapieansätzen mit Antibiotika und Eisengabe brachte die Anamnese eine Portugal-Reise der Familie zutage: Das kleine Mädchen hatte sich wohl beim Spielen an Land im Kontakt mit infizierten Hunden mit Leishmanien angesteckt.

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Leishmanien, die durch Sandfliegen übertragen werden, kommen im gesamten Mittelmeerraum vor. Im Landesinneren Portugals fungieren Hunde als Reservoir für Leishmania infantum. Mit der Ausbreitung der Sandfliege in nördliche Gefilde ist auch in Mitteleuropa häufiger mit Leishmanien zu rechnen.

Typisch für die viszerale Leishmaniose sind laut Bernantoniene nicht nur befallene Lymphknoten, sondern auch multiple Läsionen in der Milz sowie Makrophagen, die Erythrozyten enthalten. Bei erkrankten Kindern sollten wegen der ähnlichen Symptome eine hämophagozytische Lymphohistiozytose ausgeschlossen werden. Die auch als Dum-Dum-Fieber, Schwarzes Fieber oder Kala-Azar bezeichnete Infektion mit den intrazellulären protozoischen Parasiten konnte bei dem kleinen Mädchen medikamentös behandelt werden. Gerade bei Kleinkindern, die Kontakt mit Hunden suchen, sollte man an diese Protozoen-Erkrankung denken.