Die große Anzahl an Flüchtlingen, die im September 2015 am Münchner Hauptbahnhof ankamen, stellte mit einem Tagesmaximum von 13.000 Menschen auch Pädiater vor große Herausforderungen. Bei der Ankunft wurden Kinder und Jugendliche mit Unterstützung von Freiwilligen-Organisationen wie den Refudocs e. V. versorgt. Dr. Ulrich von Both vom Dr. von Haunerschen Kinderspital in München berichtete, dass neben gängigen Infektionserkrankungen auch einige Fälle von Lungentuberkulose, Skabies, Malaria, Schistosomiasis und HIV diagnostiziert wurden. Die Mediziner wurden auch mit ungewöhnlichen Erkrankungen wie dem Läuserückfallfieber konfrontiert, das meist aus Ostafrika stammte. Hier kann nach Erfahrungsberichten der Helfer das Entsorgen der mit Läusen befallenen Bekleidung die weitere Verbreitung einfach durchbrechen.

Beim Begriff des „Datenaustauschverbesserungsgesetzes“, mit dem die Registrierung von Flüchtlingen erleichtert werden soll, verstanden auch englischsprachige Zuhörer, dass die medizinische Versorgung mit bürokratischen Hürden verknüpft ist.

Hier erfordern ungewöhnliche Situationen ungewöhnliche Lösungsansätze verschiedener Player im Gesundheitswesen: Von Both beschrieb am Beispiel der Tuberkulose, wie ein Runder Tisch vieler Beteiligter im Münchner Raum — mit Kliniken, Universitäten und Gesundheitsministerium — eine problemorientierte Zusammenarbeit erleichterte und Empfehlungen für ein Tuberkulose-Screening für alle Asylsuchende unter 15 Jahren erarbeitete. Er betonte, dass die im letzten Herbst entwickelten Empfehlungen auch wissenschaftlich begleitet und validiert werden müssten. Nur so könne man aus den Erfahrungen lernen, um sich in Zukunft besser auf vergleichbare Ereignisse vorbereiten zu können.

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