_ Angeborene Schilddrüsenfunktionsstörungen können zu schweren und irreversiblen mentalen Entwicklungsdefiziten führen. Wird eine angeborene Hypothyreose postnatal therapiert, entwickeln die Kinder eine normale Intelligenz.

Der Mechanismus, der bei konnataler Hypothyreose zur mentalen Retardierung führt, ist schon länger bekannt, berichtete Prof. Dr. Heiko Krude von der Charité Berlin. Induziert man bei Ratten eine Schilddrüsenunterfunktion, werden im Kortex deutlich weniger Interneurone ausgebildet, die zudem auch noch defekt sein können. Diese Interneurone verbinden die verschiedenen Kortexschichten und sorgen so für die Funktionsfähigkeit der Hirnrinde, erklärte Krude.

Beim Menschen reifen diese Interneurone bereits vor der Geburt. Ein moderater Jodmangel in der Schwangerschaft (Jod-Urin-Ausscheidung von 20–50 μg/l) kann bereits den Embryo schädigen und später zu einem Defizit von 10–15 IQ-Punkten führen. Doch erst postnatal kommt es zu einer massiven Vermehrung der kortikalen Interneurone. In früheren Zeiten mündete die unbehandelte konnatale Hypothyreose in das Vollbild eines sogenannten Jodmangel-Kretinismus.

In den 1970er-Jahren wurde in Deutschland ein Neugeborenen-Screening von Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) eingeführt. Die Prävalenz einer konnatalen Hypothyreose liegt demnach bei 1 : 3.000 Neugeborenen. Werden die betroffenen Neugeborenen adäquat mit L-Thyroxin behandelt, entwickeln die meisten von ihnen einen normalen Intelligenzquotienten, so der Pädiater [Albert BB et al. J Clin Endocrinol Metab 2013;98:3663–70]. Bei der Beurteilung der Schilddrüsenfunktion anhand der TSH-Werte muss jedoch immer das Alter der Kinder berücksichtigt werden.

Generell ist die Jodversorgung in Deutschland gut, sagte Krude. Ob das in Zukunft so bleibt, ist jedoch offen. Als einen der Gründe nannte er Aktivisten, die sich gegen die Jodierung von Lebensmitteln wenden und teilweise aggressiv auftreten. „Wenn man weiß, was Jodmangel macht, ist das nur schwer zu ertragen“, sagte Krude.