Uterusfehlbildungen sind leider nicht immer einfach zu diagnostizieren, wirken sich aber trotzdem gerade auf medizinische Folgeentscheidungen mitunter erheblich aus. Daher bergen diese Fälle auch forensisch immer wieder ein nicht unerhebliches Streitpotential.

Eine Patientin wünschte sich als Alternative zur bisherigen Dreimonatsspritze eine andere Verhütungsmethode, wobei es wegen starker Dysmenorrhö möglichst zu keiner Blutung kommen sollte. Die neue Frauenärztin beriet nach einer auch im Sinne der Krebsvorsorge erfolgten Untersuchung über kontrazeptive Möglichkeiten, wobei der Fokus auf (Hormon-)Spiralen (Intrauterinpessar, IUP) lag. Nach Einlage einer solchen traten 14 Tage später Übelkeit, Kopf- und Unterbauchschmerzen auf. Untersuchungen einschließlich Ultraschall und Labor blieben ohne Auffälligkeiten. Gegen die Schmerzen wurde Paracetamol empfohlen. Eine Kontrolle nach einem Monat blieb ebenso unauffällig. Nur bezüglich eines positiven Soorkolpitis-Befunds musste die Patientin gebeten werden, ein Medikament einzunehmen.

14 Tage später klagte sie erneut über Müdigkeit, Bauch- und Kopfschmerzen, weshalb die Spirale nun wieder gezogen werden sollte. Dies gelang aber nicht, weshalb die Patientin mit Verdacht auf disloziertes IUP (evtl. auch Endometriose) zur Hysteroskopie und Abrasio (ggf. auch Laparoskopie und laparoskopische suprazervikale Hysterektomie) überwiesen wurde. Im Zuge der Hysteroskopie zeigte sich nun ein fraglicher Uterus bicornis bei leerem Cavum rechts. Der Versuch, das linke Cavum zu sondieren, misslang, ebenso die IUP-Entfernung, sodass die Patientin von der ambulanten Operateurin an eine Uniklinik überwiesen wurde. Dort trat bei erneuter Hysteroskopie eine Perforation im linken Uterus-Cavum ein, die nach Übergang zur Laparoskopie übernäht wurde; im Übrigen konnte ein Uterus septus totalis bestätigt und das IUP entfernt werden.

So sah der angerufene Gutachter den Fall

Die Patientin legte ihren Fall der Gutachterkommission der Ärztekammer Nordrhein vor (Az 2023/0655 CHE). Deren Sachverständiger bestätigte auch zunächst, dass bei Uterusfehlbildungen selbstverständlich eine Kontraindikation für ein IUP bestehe, er konnte aber nach Auswertung der Unterlagen dennoch kein pflichtwidriges Fehlverhalten feststellen. Denn die Frauenärztin musste zumindest diese seltene Fehlbildung ex ante nicht zwingend schon bei ihren Untersuchungen, insbesondere im Rahmen der 2-D-Sonografie, erkennen, zumal sie keine speziellere Ultraschallexpertise (DEGUM) hatte. Für sie sprach zudem, dass ebenso die weitere Kollegin bei ihren Untersuchungen vor der ersten Hysteroskopie keine Fehlbildung sah, den Verdacht darauf erst nach und wegen des Verlaufs des Eingriffs bekam und die endgültige Diagnose auch in der Uniklinik erst nach Hysteroskopie und Laparoskopie gestellt wurde.

Aber auch sonst hatte die Ärztin aus rechtlich wie medizinisch allein relevanter ex ante Sicht lege artis gehandelt. Die Spiraleinlage war an sich korrekt, aufgrund der Schmerzen wurden jeweils sorgfältige Untersuchungen einschließlich Ultraschall veranlasst, bei denen aber nicht zwingend schon früher das Problem erkannt werden konnte beziehungsweise musste. Vielmehr schien angesichts der anfangs unauffälligen Befundergebnisse ein erst abwartendes Vorgehen gerechtfertigt. Nach Scheitern der IUP-Entfernung wurden dann auch alle folgerichtigen Schritte ergriffen. Da die Patientin zu Beginn ausführlich über Risiken aufgeklärt worden war, lag auch hier kein Versäumnis vor.

Was bedeutet der Fall für den klinischen Alltag?

Der Fall dient der Veranschaulichung medizinischer Aspekte, worauf es bei der Beratung und Behandlung von Patientinnen bezüglich kontrazeptiver Maßnahmen unter anderem zu achten gilt (z. B. Fehlen von Kontraindikationen), oder welcher Maßstab zur rechtlichen Bewertung heranzuziehen ist (nämlich der einer Ex-ante-Wertung nach durchschnittlichem fachärztlichem Standard ohne spezielle Untersuchungsgeräte/ -kenntnisse).

Er zeigt aber auch gut die Entstehungsmöglichkeiten für Konflikte. Denn vielleicht ist der Patientin in der Klinik später - medizinisch ja auch richtig - gesagt worden, dass man bei ihr gar keine Spirale hätte einlegen dürfen. Dieser an sich eigentlich noch neutrale Satz wird von Patientinnen leider oft schnell zu einem Vorwurf gewendet - hier aber letztlich einem, der sachverständig widerlegt werden konnte.