Bedingt durch diverse immunologische und physiologische Veränderungen haben schwangere Frauen ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf von Atemwegsinfekten. Optionen zur Prävention gibt es viele, hier vorgestellt im ersten von zwei Teilen dieses Beitrags.

Für gesunde Schwangere wird die saisonale Influenzaimpfung ab dem zweiten Trimenon unabhängig von Grunderkrankungen empfohlen [1]. Die Welle an Erkältungskrankheiten in den vergangenen Monaten zeigt die Notwendigkeit, unsere Patientinnen konsequent und strukturiert zum frühen Einsatz spezifischer Maßnahmen zu beraten und ihnen konkrete Hilfestellung zur Stärkung der eigenen Abwehrkräfte an die Hand zu geben.

Orthomolekulare Medizin

Die in Deutschland in der Schwangerschaft fast flächendeckend eingenommenen Mikronährstoffpräparate können im Normalfall einen großen Teil des erhöhten Bedarfs abdecken. Bei einer akuten Infektion entsteht jedoch ein plötzlicher Mehrbedarf, besonders an Antioxidanzien. In der täglichen Praxis ist der hochdosierte Einsatz von Vitamin C und Zink in und außerhalb der Schwangerschaft für einige Tage hilfreich bei aufkommenden Atemwegsinfekten. So konnte eine positive Beeinflussung des Immunsystems über die Förderung von Antikörpern, Interferon sowie die Stimulation der lymphozytären Funktion für Vitamin C aufgezeigt werden. Zink spielt eine zentrale Rolle als "Immunspurenelement". Es ist in mehr als 70 Enzymen enthalten, unter anderem in der Superoxiddismutase, die eine Schutzfunktion bezüglich oxidativer Prozesse bietet. Insbesondere bei Patientinnen mit chronischen Entzündungen und Infektanfälligkeit sollte an einen möglichen Zinkmangel gedacht werden.

In zahlreichen Studien konnte aufgezeigt werden, dass durch konsequente Supplementation von 2-3 g maritimer Omega-3-Fettsäuren während der Schwangerschaft das Risiko für kindliche Allergien, Asthma und Neurodermitis signifikant reduziert wird [2]. Idealerweise wird bereits im Rahmen der Schwangerschaftsplanung eine Mikronährstoffanalyse durchgeführt, um individuelle Defizite aufzudecken.

Ernährung

Unter Berücksichtigung des erhöhten Bedarfs zahlreicher Nährstoffe in der Schwangerschaft scheint eine pflanzlich basierte Vollwertkost mit reichlich Gemüse und Obst die geeignete Ernährungsform. Die Auswahl sollte möglichst vielfältig sein und auch spezifische Pflanzenstoffe wie Senfölglykoside, die antimikrobiell wirken, beinhalten. Bezogen auf Atemwegserkrankungen zeigen Studiendaten im nicht-schwangeren Kollektiv einen positiven Einfluss für Verzehr von Fisch, Gemüse und Obst auf das Auftreten von Asthma. Hingegen korrelierte der Konsum von Süßigkeiten, salzigen Snacks, Softdrinks und Alkohol mit einer erhöhten Häufigkeit von Asthma sowie schweren Verläufen [3].

Bei ersten Erkältungsanzeichen erweisen sich sowohl in der europäischen als auch in der chinesischen Erfahrungsheilkunde seit langer Zeit Kraftbrühen als potente Mittel zur Rekonvaleszenz. Wärmende Gewürze wie Ingwer sind in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gängige Zutaten solch stärkender, lang gekochter Brühen.

Phytotherapie

Pflanzen haben insbesondere an ihren Grenzflächen eine Reihe von antimikrobiell wirkenden Substanzen zu bieten. Eine retrospektive Datenbankanalyse aus den Jahren 2015 bis 2019 kam zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von Phytopharmaka bei akuten Infektionen der Atemwege zum einen den Bedarf antibiotischer Therapien senkte und zum anderen die Arbeitsfähigkeit schneller wiederherstellte [4].

In der aktuellen S3-Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin zum Thema "akuter Husten" werden folgende Phytopharmaka als nützlich bewertet: Thymian, Efeu, Myrtol, Pelargonium sidoides sowie eine Kombination aus Thymian und Primelwurzel [5].

Thymianextrakte bewertet die unter Gynäkolog*innen häufig genutzte Datenbank embryotox als akzeptabel und sieht zumindest in der Verwendung als Teedroge bei normalem Konsum keine Einschränkungen. Jedoch wird die mangelnde Datenlage bezüglich der Schwangerschaft erwähnt. Sehr ähnlich stellt sich die Situation für die Nutzung von Efeublätter-Trockenextrakt sowie von Umckaloabo dar. Zur Förderung der Sekretolyse wird auf embryotox empfohlen, lieber auf die besser untersuchten Wirkstoffe Ambroxol, Bromhexin und Acetylcystein zurückzugreifen. Es sei erwähnt, dass zur Förderung der Schleimlösung eine ausreichende Trinkmenge und Inhalationen wichtig sind.

Eine Forschungsgruppe konnte bei Personen im Stadium 1 von Covid-19 (präsymptomatisches Stadium ein bis zwei Tage vor Symptombeginn) aufzeigen, dass die virale Clearance durch Gurgeln mit Inhaltsstoffen von ätherischen Ölen signifikant erhöht werden konnte im Vergleich zu Leitungswasser. Zur Anwendung kamen Eukalyptus, Menthol, Thymol und Methylsalicylat [6]. Beim Gurgeln und anschließenden Ausspucken ätherischer Öle dürfte es in der Schwangerschaft trotz fehlender Studienlage keine ernsthaften Bedenken geben.

Einen weiteren interessanten Ansatz bieten der Wirkstoff Iota-Carrageen, gewonnen aus der Rotalge. Es wird in Form eines nasalen Sprays angewendet. Da es nicht über die Nasenschleimhaut aufgenommen wird, sondern seine Wirkung ausschließlich im Nasen-Rachen-Raum als Abwehrbarriere ausübt, bestehen für die Nutzung in der Schwangerschaft keine Bedenken. Eine kürzere Krankheitsdauer sowie eine schnellere Symptomlinderung konnten in kontrollierten Studien nachgewiesen werden [7|.

Starker Darm, starke Lunge

Über das schleimhautassoziierte Immunsystem ("mucosa-associated lymphoid tissue", MALT) bilden Darm und Lunge eine funktionelle Achse. Im Zentrum steht hierbei das darmassoziierte Immunsystem ("gut-associated lymphoid tissue", GALT). Die im Darm trainierten Immunzellen stehen über dieses Netzwerk mit der Peripherie in Verbindung und versorgen so etwa die entsprechenden Schleimhäute der Atemwege.

Das Immuntraining findet jedoch nicht nur durch die Auseinandersetzung mit der Umgebung statt, sondern auch durch die Darmmikrobiota selbst. Ein oft verordnetes Präparat übt dieser Idee nach mittels lebender Stämme von Enterococcus faeclis einen positiven Effekt auf die Atemwege aus. Auch Lakto- und Bifidobakterien werden häufig genutzt.

Eine konsequente Darmsanierung erfolgt in der Regel auf Basis einer entsprechenden Stuhlanalyse. Nicht allein die Diversität und Anzahl der einzelnen Bakterienstämme, auch der Bedarf an Ballaststoffen, die Entzündungsaktivität und Durchlässigkeit der Darmwand sowie die Immunabwehr können beurteilt und gezielt therapiert werden.

Im zweiten Teil dieses Beitrags, der in der nächsten Ausgabe erscheint, werden Atemwegsinfekte aus Sicht der TCM, wichtige Lebensstilinterventionen und traditionelle Hausmittel dargestellt.