Bei vielen Brustkrebspatientinnen unter Strahlentherapie werden Nebenwirkungen nicht erkannt, legt eine Studie nahe. Auf bestimmte Gruppen scheint das besonders häufig zuzutreffen.

In einer US-amerikanischen Studie wurde untersucht, wie gut Nebenwirkungen einer adjuvanten Strahlentherapie bei rund 9.900 Patientinnen mit nicht metastasierten Mammakarzinomen erkannt werden. Die Studienteilnehmerinnen waren in einer von 29 Praxen behandelt worden und hatten Fragebögen zu therapiebedingten Nebenwirkungen ausgefüllt. Diese wurden mit ärztlichen Beurteilungen verglichen, die sich an den CTCAE(Common Toxicity Criteria for Adverse Events)-Kriterien orientierten.

Bei 53 % der Patientinnen mit Nebenwirkungen wurde mindestens einmal zumindest ein Symptom übersehen. Bei 31 % der Befragten blieben moderate bis schwere Schmerzen unbemerkt, bei 37 % häufiger Juckreiz, bei 51 % Ödeme und bei 19 % starke Müdigkeit.

Bei bestimmten Gruppen übersahen die Behandelnden besonders häufig Symptome. Bei unter 50-Jährigen gegenüber 60- bis 69-Jährigen war das Risiko dafür um 35 % erhöht, bei 50- bis 59-Jährigen gegenüber 60- bis 69-Jährigen noch um 19 %. Schwarze im Vergleich zu weißen Personen hatten ein um 56 %, andere ethnische Gruppen verglichen mit Weißen ein um 52 % gesteigertes Risiko.

Der Einsatz einer konventionell fraktionierten Strahlendosis ging mit einer Risikozunahme von 26 % einher. War der behandelnde Arzt ein Mann, war das mit einem um 54 % erhöhten Risiko assoziiert. Eine Zweifelderbestrahlung hingegen schien das Risiko für übersehene Symptome um 20 % zu reduzieren.

Rund 80 % der Patientinnen waren weiß, etwa 17 % schwarz und nur ein kleiner Teil gehörte zu anderen ethnischen Gruppen. 16 % der Frauen waren jünger als 50, 29 % 50 bis 59, 34 % 60 bis 69 und 21 % 70 Jahre oder älter. Limitationen der Studie sind, dass es sich um selbstberichtete Symptome handelte und sozioökonomische Merkmale nicht berücksichtigt wurden.

Fazit: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass - zumindest im US-amerikanischen Gesundheitssystem - wesentliche Symptome bei bestimmten Patientinnen systematisch übersehen werden können, insbesondere, wenn diese jung oder schwarz sind oder anderen ethnischen Gruppen angehören. Ärztinnen und Ärzte sollten sich direkt und detailliert bei den Frauen nach möglichen Nebenwirkungen erkundigen, fordern die Studienautorinnen und -autoren.

Jagsi R et al. Identifying Patients Whose Symptoms Are Underrecognized During Treatment With Breast Radiotherapy. JAMA Oncol 2022;8:887-94