Patientinnen mit einer besonderen Anamnese bedürfen auch einer besonderen Fürsorge. Das zeigt die Klage einer Endometriosepatientin zur fraglich angeratenen Wiedervorstellung bei Beschwerden.

Eine Patientin, die unter Endometriose litt, bekam 2011 eine Endometriosezyste entfernt und -herde vaporisiert. Sie suchte die beklagte Gynäkologin danach drei Mal zur Vorsorge auf. Bei der Erstvorstellung im August 2013 schilderte sie Dysmenorrhö, die Untersuchung blieb klinisch unauffällig. Im Ultraschall zeigten sich leicht vergrößerte Ovarien, aber keine endometriosetypischen Veränderungen. Die Beklagte riet zur Fortsetzung der konservativen Behandlung.

Im März 2014 teilte die Klägerin starke Schmerzen, verstärkte Blutungen und Probleme bei der Defäkation mit. Die Beklagte erhob abermals einen unauffälligen klinischen (palpatorisch) und vaginal-sonografischen Befund. Zum weiteren Verlauf waren die Gespräche der Parteien streitig, besonders ob weitere Diagnostik, operatives Vorgehen und/oder eine Wiedervorstellung angeraten worden waren. Bei der nächsten Vorstellung im März 2015 stellte die Beklagte knotige Infiltrate im Unterbauch fest und überwies die Patientin an ein Endometriosezentrum. Dort wurde der Patientin im April operativ ein großflächiger, tiefinfiltrierender Tumor entnommen.

So sah das Gericht den Fall

Das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 17. Dezember 2021, 3a O 89/21) wies die Klage ab. Im August 2013 ergaben sich aus Anamnese, klinischer und Ultraschalluntersuchung keine Hinweise auf eine seit 2011 fortgeschrittene Endometriose. Im März 2014 waren die Untersuchungen gleichsam unauffällig. Erst im März 2015 trat eine Änderung ein. Angesichts der zuvor nur wiederholten Schilderung zu stärkerem Schmerzempfinden und Problemen beim Stuhlgang bestand über die Untersuchungen hinaus für den Sachverständigen keine frühere zwingende Abklärungsnotwendigkeit. Besonders eine Tastuntersuchung des Enddarms sei nicht Bestandteil der gynäkologischen Vorsorge gewesen.

Dies deckte sich mit dem Ergebnis einer Gutachterkommission: Der spätere Endometriosebefall des rektosigmoidalen Übergangs habe außerhalb der Zugänglichkeit rektaler Untersuchung gelegen. Die Empfehlung und Überweisung zur Koloskopie waren laut Gutachter sogar ex ante nicht früher geboten, da der Stellenwert dieser Untersuchung zur Diagnose einer rektovaginalen Endometriose umstritten sei. Laut Empfehlung der Fachgesellschaften sei sie nur in ausgewählten Fällen vorgesehen, deren Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten.

Laut dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) sei auch ein MRT ex ante nicht früher nötig gewesen. Obwohl die Klägerin rügte, dass es keine Sicherungsaufklärung zu Möglichkeiten weiterer Diagnostik gegeben habe, gelang ihr dennoch kein Nachweis eines Fehlers. Schließlich hatte sie selbst ausgesagt, die Beklagte habe im März 2014 auf die wiederholte Frage, was man bezüglich der Schmerzen machen könne, angeblich nur eine Hysterektomie ohne Einzelheiten angegeben. Hingegen hatte die Beklagte ausgeführt, weitere Abklärung wie unter anderem eine Darmspiegelung angeraten und die Möglichkeiten operativer Intervention genannt zu haben, womit auch eine grundlegende Abklärung in einem Fachzentrum gemeint gewesen sei. Selbst wenn man nur den Klagevortrag zugrunde legte, wusste die Klägerin immerhin um eine weitere Option. Und selbst dann wären laut Gutachter in Vorbereitung dieser Operation wiederum weitere Maßnahmen zur Differenzierung der Beschwerden erfolgt.

Was bedeutet das Urteil für den klinischen Alltag?

Das Urteil ist stark von Beweiswürdigungen des konkreten Falls geprägt und taugt weniger zur fachlichen Verallgemeinerung. Dennoch sticht es als sehr praxisnah hervor. Das Gericht beendete den Streit der Parteien, ob bei fortbestehenden Beschwerden nun zur Wiedervorstellung geraten wurde oder nicht, mit dem Hinweis, dass auf die Notwendigkeit zur Wiedervorstellung zumindest dann nicht extra hingewiesen werden müsse, wenn man davon ausgehen könne, dass sich eine Patientin bei starken Schmerzen wiedervorstellen werde.