Beratung über Telefon und Video, Medikamente per Post - in der Pandemie hat Großbritannien damit bei Abtreibungen ganz gute Erfahrungen gemacht.

Vor Beginn der Pandemie war es in Großbritannien bei medikamentösen Abtreibungen üblich, dass die Frauen zu einem Beratungsgespräch und einem Ultraschall in eine Klinik kamen und dort auch Mifepriston einnahmen. Im Zuge der Pandemie wurden gynäkologische Leitlinien zur Abtreibung rasch dahingehend verändert, die Konsultation möglichst per Telefon oder Video zu betreiben und ein Ultraschall nur noch in bestimmten Fällen zu veranlassen - und zwar dann, wenn das Gespräch den Verdacht auf eine ektopische Schwangerschaft oder eine Schwangerschaft jenseits der zehnten Woche ergab. Ende März 2020 hat die britische Regierung solche "No-Test-Abtreibungen" auch formal verfügt: Sie waren nun ohne persönlichen Kontakt, ohne Ultraschall und mit einer Mifepristoneinnahme zuhause (bis zur zehnten Schwangerschaftswoche) möglich. Die Medikamente konnten von den Frauen in der Klinik abgeholt oder zu ihnen nach Hause geschickt werden.

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Pandemie-Modell aus Großbritannien: Beratungen bei Abtreibung per Telefon oder Videosprechstunde

Forscher aus Großbritannien und den USA haben nun den Erfolg des Modells analysiert. Sie werteten Angaben zu allen medikamentösen Abtreibungen aus, die in den zwei Monaten vor und nach dem Modellwechsel am 30. März über die drei größten Abtreibungsanbieter in Großbritannien erfolgten.

Von den rund 52.000 Abtreibungen geschahen knapp 30.000 nach dem Modellwechsel, davon waren wiederum 60 % No-Test-Abtreibungen, bei den übrigen 40 % mussten die Frauen wie zuvor zum Ultraschall in die Klinik, bekamen die Abtreibungsmedikamente dann aber mit nach Hause.

Wie sich zeigte, verkürzte sich die Wartezeit bis zur Abtreibung mit dem neuen Modell von zuvor im Schnitt 10,7 auf 6,5 Tage. Mit dem neuen Modell befanden sich 40 % der Frauen in den ersten sechs Schwangerschaftswochen, mit dem alten waren es nur 25 %. An der Erfolgsrate ändert sich wenig: Sie erreichte vor dem Wechsel 98,2 % und stieg danach auf 98,8 %, unter den No-Test-Abtreibungen waren es sogar 99,2 %. Transfusionspflichtige Blutungen ereigneten sich bei 0,04 % der Frauen mit dem alten und 0,02 % mit dem neuen Modell, in beiden Kohorten hatten 0,2 % der Frauen ektopische Schwangerschaften. Insgesamt gab es keine Hinweise auf eine erhöhte Rate von Komplikationen nach dem Wechsel.

Rund 2.500 Frauen wurden nach der telemedizinisch unterstützten Abtreibung befragt, 96 % waren sehr zufrieden oder zufrieden damit.

Fazit: Eine telemedizinisch unterstützte medikamentöse Abtreibung komplett zuhause mit der Option auf eine Sonografie hat sich in Großbritannien gut bewährt: Die Erfolgsquote ist sogar etwas höher als bei einem obligatorischen Klinikbesuch, die Komplikationsrate auf ähnlichem Niveau.

Aiken ARA et al. Effectiveness, safety and acceptability of no-test medical abortion (termination of pregnancy) provided via telemedicine: a national cohort study. BJOG 2021;128:1464-74