Am Mammografiescreening auf Brustkrebs können sich Frauen in Deutschland im Alter zwischen 50 und 69 Jahren beteiligen. Ab dem 70. Lebensjahr sinke der Nutzen, heißt es. Ob das stimmt, lässt sich an den Ergebnissen einer aktuellen Studie ablesen.

Die Teilnahme am deutschen Programm zum Mammografiescreening auf Brustkrebs endet mit 69 Jahren. Zur Begründung dafür heißt es auf den Internetseiten des Programms: "Mit zunehmendem Alter steigt zwar das jährliche Risiko für Brustkrebs weiter an. Auf der anderen Seite treten auch andere Todesursachen häufiger auf. Mit einer systematischen Früherkennung würde man vermehrt Frauen mit der Diagnose und Behandlung von Brustkrebs belasten, die wegen anderer Erkrankungen gar nicht an Brustkrebs gestorben wären. Daher hat man sich in Deutschland bislang gegen ein systematisches Screening nach dem 69. Lebensjahr entschieden."

Wie sich ein Screening auf Brustkrebs nach dieser Altersgrenze auf die Brustkrebssterblichkeit auswirkt, haben Forscher der Harvard-Universität in Boston untersucht. Der Epidemiologe Xabier García-Albéniz hat zusammen mit Kollegen die Daten von mehr als einer Million US-amerikanischen Screeningteilnehmerinnen im Alter zwischen 70 und 84 Jahren analysiert, die noch keine Brustkrebsdiagnose erhalten hatten. Das Screening in den USA ist nicht strikt altersbegrenzt, sondern läuft weiter, "solange die Frauen bei guter Gesundheit sind und noch eine Lebenserwartung von 10 Jahren oder länger haben" (American Cancer Society). Das hat zur Folge, dass in den Vereinigten Staaten schätzungsweise 52 % der Frauen ab 75 zum Mammografiescreening gehen.

Laut den Berechnungen von García-Albéniz und Mitarbeitern hatte das Screening für Frauen zwischen 70 und 74 Jahren tatsächlich einen Nutzen. Über 8 Jahre hinweg betrachtet, war das Risiko, an Brustkrebs zu sterben, für gescreente Frauen in dieser Altersgruppe um 22 % reduziert (Hazard Ratio [HR]: 0,78). Störeinflüsse wurden in der Kalkulation berücksichtigt. 2,7 von 1.000 gescreenten Frauen starben im Verlauf der folgenden 8 Jahre an Brustkrebs; unter den Frauen, die das Screening vorher beendet hatten, waren es 3,7 je 1.000. Unter 1.000 Teilnehmerinnen am Screening gab es also einen Todesfall weniger als unter 1.000 Nichtteilnehmerinnen. Zum Vergleich: Von den Frauen, die sich zwischen 50 und 69 Jahren am Screening beteiligen und es 10 Jahre lang fortführen, werden 2,13 von 1.000 vor dem Brustkrebstod bewahrt.

Für Frauen im Alter von 75 bis 84 allerdings waren keine positiven Effekte des Screenings auf die Brustkrebsmortalität festzustellen. Die Sterberaten betrugen 3,8 je 1.000 Frauen (Screening) beziehungsweise 3,7 je 1.000 Frauen (Screening beendet). Die Gruppen lagen damit in der Risikoberechnung gleichauf (HR: 1,00).

García-Albéniz und Kollegen ziehen daher folgenden Schluss aus ihren Resultaten: "Frauen über 75, die ein jährliches Screening fortsetzen, haben keine substanziell reduzierte Brustkrebssterblichkeit verglichen mit Frauen, die das Screening beenden." Die Gründe dafür, weshalb die Frauen am Screening teilnahmen oder es beendeten, liegen im Dunkeln. Daraus womöglich resultierende Unterschiede zwischen den beiden Gruppen konnten nicht berücksichtigt werden.

Fazit: Frauen bis zu einem Alter von 74 könnten von einem Mammografiescreening profitieren; der Nutzen beträgt etwa die Hälfte desjenigen, den 50- bis 69-Jährige daraus ziehen. Ab einem Alter von 75 ist kein Nutzen mit Blick auf die Brustkrebssterblichkeit mehr festzustellen.

García-Albéniz X et al. Continuation of annual screening mammography and breast cancer mortality in women older than 70 years. Ann Intern Med 2020 Feb 25