_ Es gibt Situationen, in denen Ärzte ohnehin nur die halbe Wahrheit aus dem Mund ihrer Patienten erwarten — etwa im Hinblick auf Alkoholkonsum oder körperliche Aktivität. Aber auch darüber hinaus scheinen Patienten häufig gesundheitsrelevante Informationen vor ihrem Arzt zu verheimlichen. US-amerikanische Wissenschaftler um Andrea Levy (Middletown/Connecticut) befürchten sogar, dass Ärzte „regelmäßig nicht die Informationen erhalten, die sie bräuchten, um ihre Patienten gut zu versorgen“.

figure 1

© triocean / Fotolia (Sympbolbild mit Fotomodell)

Sie haben zwei Online-Umfragen mit insgesamt 4.510 Erwachsenen durchgeführt, die durchschnittlich 36 (Stichprobe A) oder 61 Jahre (Stichprobe B) alt waren [Levy AG et al. JAMA Netw Open. 2018;1:e185293]. Sie wurden gefragt, ob sie ihren Ärzten in bestimmten Situationen schon einmal Informationen verschwiegen hatten. Beiden Umfragen zufolge geschah dies am häufigsten, wenn die Patienten mit den Empfehlungen des Arztes nicht einverstanden waren (A: 46 %/B: 31 %). Danach folgten Situationen, in denen die Patienten die Anweisungen ihres Arztes nicht verstanden hatten (32 %/24 %). Auch einen ungesunden Lebensstil hatten viele Patienten schon verheimlicht (25 %/20 %; 22 %/22 %) Etwas weniger häufig wurden Medikationsfehler nicht mitgeteilt (23 %/18 %) oder die Einnahme eines Medikaments bewusst verheimlicht (16 %/10 %).

Für ihr Schweigen nannten die Patienten vor allem fünf Gründe, und zwar in dieser Reihenfolge:

  • Sie wollten nicht wegen ihres Verhaltens verurteilt oder belehrt werden.

  • Sie wollten sich nicht anhören müssen, wie schlecht ein bestimmtes Verhalten für sie ist.

  • Es war ihnen peinlich, etwas zuzugeben.

  • Sie wollten nicht als schwieriger Patient gelten.

  • Sie wollten nicht mehr Zeit ihres Arztes in Anspruch nehmen.

Patienten, die ihrem Arzt relevante Informationen vorenthielten, waren etwas häufiger jünger und weiblich — und in einem schlechteren Gesundheitszustand.

Für die Autoren offenbaren die Umfragen „eine bedeutsame und beunruhigende Realität in der medizinischen Versorgung“. Es sei notwendig, nach Interventionen zu suchen, mit denen sich Vertrauen und Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten verbessern ließen.