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Judith köpft Holofernes, 1614–20, Artemisia Gentileschi

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Es hat ein paar Jahrhunderte gedauert, bis man die Malerin Artemisia Gentileschi wiederentdeckt hat. Heute hängen ihre Werke in den führenden Museen der Welt und erzielen bei Auktionen Millionenerlöse. Kunstgeschichtlich zählt sie zu den „Caravaggisten“, also zu jenen Malern, denen das frühe, wilde Barockgenie Caravaggio als Vorbild diente. Von ihm hat Gentileschi die effektvolle Hell-Dunkel-Technik und den Hang zur naturalistischen Darstellung übernommen.

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Artemisia Gentileschi: Judith mit ihrer Magd, 1612–1614

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Thematisch bevorzugt sie starke Frauen, nicht selten auch solche, die sich an Männern rächen. Das hat wohl nicht zuletzt mit ihrer eigenen Biografie zu tun. Als junges Mädchen wurde Gentileschi von ihrem Lehrer vergewaltigt. Der demütigenden Tat folgte ein ebenso demütigender Prozess. Der Täter selbst wurde niemals bestraft. Das holte Artemisia Gentileschi dann in ihren Bildern nach. Was bei „Judith enthauptet Holofernes“ jenes faszinierende Erschrecken auslöst, ist ja nicht nur die blutige Tat selbst, sondern vor allem die Kaltblütigkeit, mit der die Frauen zu Werke gehen. Auf den französischen Naturalisten Roland Barthes (1915–1980) wirken die beiden wie „Arbeiter, die gerade dabei sind, ein Schwein zu schlachten.“

Coole Professionalität eines Handwerkers

„Judith mit ihrer Magd“ zeigt die Szene nach der Enthauptung. Der Kopf des Generals liegt in einem Korb. Das Schwert, mit dem sie ihn enthauptet hat, hat Judith gereinigt und trägt es lässig über der Schulter wie ein Wandersbursche seinen Wanderstab. Auch ihre Magd gibt sich kaum weniger abgebrüht. Befänden sich in ihrem Korb ein Dutzend frischer Eier statt des abgeschlagenen Kopfes eines soeben Ermordeten, sie könnte kaum unbeteiligter drein schauen.

Ein wenig erinnert das Verhalten der beiden an die Art, wie Daniel Craig seinen James Bond anlegt, seit er die Rolle übernommen hat. Wer die „Lizenz zum Töten“ besitzt, der tut dies weder mit Freude, noch mit Abscheu oder gar Mitleid. Er macht seinen Job mit der coolen Professionalität eines Handwerkers, der weiß, wie man seine Arbeit möglichst effizient erledigt. Danach kann man dann auch wieder schnell zur Tagesordnung übergehen. Wie Artemisia Gentileschi das auf die Leinwand bringt, ist nicht nur künstlerisch, sondern auch psychologisch atemberaubend.

Starke Frauen, starkes Bild, starke Malerin.