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„Teilweise falsche oder tendenziöse Berichterstattung über Verhütungsoptionen in der Laienpresse kann zu Verunsicherung führen. Deshalb tun Aufklärung und Weiterbildung Not.“

Dr. med. Maximilian Franz Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, München

Fast 100 Jahre sind seit dem ersten Konzept zur hormonellen Kontrazeption und 58 Jahre seit der Einführung der Antibabypille in Deutschland vergangen.

In den letzten Jahren kam es durch eine Untersuchung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zum Risiko verschiedener Gestagene, vor allem dem Thromboserisiko, zu einer sehr kritischen und teilweise auch falschen Berichterstattung in der Laienpresse. Infolgedessen ist die Pille, insbesondere Präparate mit antiandrogenem Zusatznutzen, teilweise zu Unrecht in Verruf geraten. Um eine weitere Verunsicherung zu vermeiden und die Risiken differenziert betrachten zu können, ist eine genaue Auseinandersetzung mit den Fakten und zugrundeliegenden Studien unumgänglich. Denn: Betrachtet man diese, scheinen die Diskussionen über die Sicherheit der Pille derzeit etwas überhitzt zu sein.

Aber nicht nur die Daten der EMA haben die Diskussion um die hormonelle Kontrazeption beeinflusst. In der letzten Dekade wurde in unzähligen Studien auch der Einfluss des weiblichen Zyklus auf die Partnerwahl sowie das Verhalten von Frau und Mann untersucht — und damit gleichzeitig die Wirkung der Pille darauf.

Die durch Hormone und Pheromone gesteuerte Wahrnehmung des anderen Geschlechts hat einen wesentlichen Einfluss auf die Wahl des Partners, bei der auch die Biologie eine Rolle spielt: Frauen suchen sich unbewusst den genetisch unterschiedlichsten Partner, mit dem sie die gesündesten Kinder bekommen können.

Außerdem verändert sich im Laufe des Zyklus unter anderem die Libido abhängig von den Hormonen: Ihr Maximum erreicht sie kurz vor dem Eisprung, wenn die Zeugungsfähigkeit am höchsten ist. Während der Lutealphase nimmt die Libido deutlich ab. Sogar das Bewegungsmuster und die Wahrnehmung durch den Partner werden von den hormonellen Veränderungen im natürlichen Zyklus beeinflusst. Damit nicht genug, unterliegen offenbar auch Emotionen wie Eifersucht zyklischen Schwankungen.

Alle diese Mechanismen scheinen von der Pille beeinflusst bzw. gedämpft zu werden, womit die Diskussion über diese Verhütungsmethode um eine wichtige Facette reicher wird. Und wenn sich vor allem bei der Auswahl des Partners alles so verhält wie eben beschrieben, könnte die Partnerwahl unter der Pille einen negativen Einfluss auf die Beziehung haben, an deren Ende manchmal ein „ich hab dich noch nie riechen können“ steht.

Nicht zuletzt aufgrund der Diskussionen um die hormonelle Kontrazeption gewinnt auch die intrauterine Kontrazeption zunehmend an Bedeutung. Hier führt die teilweise falsche oder tendenziöse Berichterstattung in der Laienpresse ebenso zu gelegentlicher Verunsicherung. Daher sind Aufklärung und Weiterbildung erforderlich.

Bleibt am Ende noch die natürliche Familienplanung, die durch zahllose Apps unterstützt und gerne als natürliche und ultimative Lösung propagiert wird. Bezieht man allerdings die erwähnten Daten zur weiblichen Libido im Zyklusverlauf mit ein, so wird man sehen, dass Libido und Empfängniswahrscheinlichkeit kurz vor dem Eisprung am höchsten sind und in der Lutealphase am niedrigsten. Man kann die natürliche Familienplanung daher auch beschreiben als: Wenn man will, dann darf man nicht und wenn man darf, dann will man (Frau) nicht. Diese Verhütungsmethode bietet also auch keine wirklich befriedigende Lösung.

Angestrebtes Ziel bleibt es, aus der Vielzahl der Möglichkeiten gemeinsam mit unseren Patientinnen die für sie richtige Methode zu finden. Um das zu unterstützen, wurden die aktuellen Daten über die gängigen Verhütungsmethoden im vorliegenden Heft zusammengefasst. Viel Spaß beim Lesen wünscht

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