_ Seit über zehn Jahren bezahlen die Kassen die HPV-Impfung, doch die Bilanz ist mehr als traurig. Die Durchimpfungsquote liegt gerade einmal bei 30 %. Woran liegt das? An der Kommunikation, auch der Ärzte, hieß es auf dem Deutschen Krebskongress.

Für Sabrina Scherbath und ihr zehnjährige Tochter ist die Sache klar: Mariella wird sich gegen HPV impfen lassen, „ich mache es auf jeden Fall“, sagt die Zehnjährige. An ihrer Mutter sieht sie, welchen Leidensweg Gebärmutterhalskrebs verursachen kann — für die Erkrankten und für ihre Angehörigen. „‚Mama, ich habe Angst, dass Du stirbst‘, das sagt meine Tochter“, berichtete Sabrina Scherbath auf dem Deutschen Krebskongress in Berlin.

Die Wiesbadenerin war 34 Jahre alt, als bei ihr zum ersten Mal Gebärmutterhalskrebs festgestellt wurde. Es folgte eine gebärmuttererhaltende Operation im Jahr 2003. Vier Jahre später kam Tochter Mariella zur Welt.

Neun Jahre nach der Erstdiagnose war der Krebs wieder zurück: Diesmal mussten Gebärmutter und Eierstöcke entfernt werden. Sabrina Scherbath hoffte, nach den Behandlungen geheilt zu sein. Doch weitere fünf Jahre später, 2017, wurden Metastasen in der Lunge festgestellt. Ihr Appell an alle Eltern: „Nehmen sie die Verantwortung wahr und lassen sie ihre Töchter impfen.“

Gut zehn Jahre, nachdem die StiKo die HPV-Impfung in ihre ständige Impfempfehlung aufgenommen hat, liegt die Durchimpfungsrate bei den 15-jährigen Mädchen bei nur 31 %. Bei den 17-Jährigen sind es 43 %.

„In Australien sind es 80 %. Auch in England, den Niederlanden und Skandinavien liegen die Impfquoten höher als in Deutschland“, sagte Nobelpreisträger Harald zur Hausen während einer „Oxford-Debatte“ auf dem Krebskongress zur Frage: „Wird im Jahr 2020 jedes Mädchen in Deutschland im Alter von neun bis 14 Jahren gegen HPV geimpft sein?“.

Höhere Durchimpfungsraten, darin waren sich alle Referenten während der Debatte einig, seien nur durch bessere Aufklärung von Eltern und Kindern erreichbar. „Wichtig ist eine Kommunikationstrategie“, sagte Peter Lang von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Denn über HPV-Impfung zu reden, fällt vielen offenbar schwer. Das liegt daran, dass Humane Papillomviren sexuell übertragen werden und die HPV-Impfung vor dem ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen sein soll.

„Die meisten Eltern haben offenbar Schwierigkeiten, sich sexuelle Aktivitäten bei ihren neun- bis 14-jährigen Kindern vorzustellen und breiten gleich den Helikoptermantel aus“, sagte Christian Jakisch, Vorsitzender der Hessischen Krebsgesellschaft. Evidenzbasiertes Wissen werde damit tabuisiert. „Das Thema muss raus aus der Sexualismusdebatte“, forderte Herbert Rebscher. Nötig sei eine breite gesellschaftliche Kampagne, die auch die Impfung von Jungen mit einbeziehe.