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Abdingungsvereinbarungen müssen immer individuell und schriftlich erfolgen.

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Die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist oft weniger streng als der einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM). Gerade beim sogenannten Faktor, mit dem der Gebührensatz je nach Schwere und Aufwand für die Leistung gesteigert werden darf, setzt aber auch die GOÄ den Praxisteams normalerweise recht enge Grenzen. Das bedeutet jedoch nicht, dass der dreieinhalbfache Steigerungssatz immer die Obergrenze darstellt.

Paragraf 5 der GOÄ ermöglicht — in Kombination mit Paragraf 2 GOÄ — durchaus die Anwendung einer individuellen Faktorenerhöhung der Gebühren über den dreieinhalbfachen Satz hinaus. Wie das geht? In dem Paragrafen ist die „Bemessung der Gebühren für Leistungen des Gebührenverzeichnisses“ geregelt. Danach kann für eine Leistung prinzipiell der einfache bis dreieinhalbfache Gebührensatz berechnet werden. Schätzen Sie eine persönliche Arztleistung jedoch höherwertig ein, sodass Sie Aufwand wie auch Schwierigkeit der Durchführung über den dreieinhalbfachen Gebührensatz nicht ausreichend gedeckt sehen, greifen die Regeln des Paragrafen 2. Dieser besagt, dass durch eine individuelle Vereinbarung mit dem Patienten auch eine abweichende, also höhere Vergütung festgelegt werden kann. Im Fachjargon geht es um die sogenannte Abdingung.

Keine Pauschalhonorare erlaubt

Um diesen Paragrafen anwenden zu können, um also für eine Leistung einen Faktor über dem dreieinhalbfachen Satz ansetzen zu können, müssen Sie bestimmte Voraussetzungen beachten und einhalten:

  • Der Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung ist erforderlich, wobei der Zahlungspflichtige eine Kopie erhalten muss.

  • Die Vereinbarung ist vor der Leistungserbringung abzuschließen.

  • In jedem Einzelfall ist eine persönliche Absprache zwischen Arzt und Patient notwendig. Das heißt, es sind keine Vordrucke mit festen Steigerungssätzen oder Leistungen erlaubt (Urteil des Bundesgerichtshofs; Az.: VIII ZR 51/91).

  • Die Vereinbarung kann sich nur auf den Steigerungsfaktor beziehen, nicht auf Punktwerte, Punktzahlen oder die GOÄ als Ganzes. Die Vereinbarung von Pauschalen ist nicht möglich.

Zusätzlich muss diese Vereinbarung die Inhalte jeder GOÄ-Rechnung aufweisen. Hier gilt also ebenso Paragraf 12 der GOÄ. Danach müssen folgende Angaben zwingend vorhanden sein: die Nummer der GOÄ-Gebühr, die Bezeichnung der Leistung, der gewählte (vereinbarte) Steigerungssatz, der vereinbarte Euro-Betrag sowie die Feststellung, dass eine Erstattung der Vergütung durch die private Krankenversicherung oder andere Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Darüber hinaus dürfen keinerlei weiteren Erläuterungen auf dem Schriftstück vermerkt sein! Auch darf eine Abdingung nicht Bestandteil eines anderen Schriftstücks sein.

Im Rahmen von Notfall- und akuten Schmerzbehandlungen ist die Anwendung der „Abweichenden Honorarvereinbarung“ nach Paragraf 2 GOÄ ausgeschlossen, ebenso für die Leistungen nach den GOÄ-Abschnitten A, E, M und O. Hier ist eine Abdingung also nicht erlaubt.

Persönliche Erbringung ist Pflicht

Für die Anwendung des GOÄ-Paragrafen 2 ist außerdem die höchstpersönliche Leistungserbringung im Rahmen der ambulanten, vollstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären wahlärztlichen Behandlung erforderlich. Nach der Berufsordnung ist auf die Vermögensverhältnisse des Patienten Rücksicht zu nehmen. Zudem darf natürlich keine Notlage des Patienten ausgenutzt werden.

Begründen müssen Sie den Faktor über dem dreieinhalbfachen Satz in einer Abdingungsvereinbarung nicht. Eine Begründungspflicht besteht nur bei Überschreitung des Schwellenwerts für persönliche Leistungen vom 2,3-fachen Satz bis zur Ausschöpfung des Gebührenrahmens, also dem dreieinhalbfachen Satz.