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Ihre Online-Bewertungen durch Patienten zu ignorieren, erlauben sich heutzutage nur noch wenige Ärzte.

© Danielle Bonardelle/fotolia

Das Internet ist für Patienten inzwischen ein probates Mittel zum Zweck, wenn sie ihr Urteil über eine Arztpraxis öffentlich mitteilen möchten, zum Beispiel auf Online-Arztbewertungsportalen. Doch wie gehen Ärzte mit dieser Kritik um, die im Zweifelsfall alles andere als werbewirksam sein kann?

Sechs von zehn Ärzten werten ihre Online-Bewertungen mindestens einmal im Monat aus, wie eine Studie der Universität Erlangen-Nürnberg zeigt [Emmert M et al. J Med Internet Res. 2016;18(9):e254; doi:10.2196/jmir.5889]. Für die Studie unter der Leitung von Prof. Martin Emmert, Juniorprofessor für Versorgungsmanagement, wurden laut Auftraggeber Jameda, dem nach eigenen Angaben führenden Online-Arztbewertungsportal in Deutschland, 2.360 dort registrierte Ärzte und weitere Heilberufler befragt.

87 % der befragten Mediziner gaben an, dass sie Einträge, die sie auf Arztbewertungsportalen erhalten, lesen. 61 % werten diese mindestens einmal im Monat aus, jeder Dritte monatlich, jeder Zehnte mehrmals im Monat und 19 % sogar mindestens einmal pro Woche.

65 % der Fachärzte werten ihre Bewertungen mindestens einmal im Monat aus, von den Allgemeinmedizinern sind es 52 %. 85 % der Ärzte werten ihre Online-Beurteilungen selbst aus, in 5 % der Praxen tut dies eine Praxishelferin. Interessanter Nebenaspekt: 49 % der Befragten gaben an, auch die Bewertungen von Kollegen zu lesen. Laut Emmert kann auch das zur Qualitätsverbesserung in Praxen beitragen, weil Vergleiche gezogen und entsprechende Maßnahmen eingeleitet würden, um bessere Leistungen zu erbringen als der Mitbewerber. 12 % der Ärzte lesen Bewertungen von Kollegen nach eigener Aussage aber auch, bevor sie einen Patienten zu einem anderen Facharzt überweisen.

Mit 55 % hat bereits mehr als jeder zweite Praxischef mindestens einmal auf im Netz geäußerte Patientenkritik reagiert. Über die befragten Fachdisziplinen hinweg zeigt sich, dass die Ophthalmologen mit 68 % am sensibelsten sind für die von Patienten online geäußerte Kritik. An zweiter Stelle folgen Gynäkologen mit 65 % vor HNO-Ärzten mit 62 %.

Das sind Stellschrauben

Was die konkreten Maßnahmen zur Optimierung des Praxisalltags angeht, so drehten die Ärzte mit 29 % am häufigsten an der Stellschraube der Patientenkommunikation. Am zweithäufigsten (24 %) gingen Praxisteams das Thema Terminvergabe an, gefolgt von geänderten Praxisabläufen (21 %). Jeder zehnte Befragte gab an, aufgrund von Online-Bewertungen schon einmal Schulungen für das Praxispersonal durchgeführt zu haben. Fast genauso viele haben Mitarbeiterverantwortlichkeiten umverteilt. 6 % der Ärzte stellten aufgrund des Feedbacks von Patienten weitere Mitarbeiter ein. Bei 3 % führten Bewertungen zum genauen Gegenteil: Sie hatten aufgrund des Patienten-Feedbacks bereits Mitarbeiter entlassen.

Des Weiteren haben 8 % der Befragten in neue Technologien und/oder Praxisausstattung investiert, ähnlich viele Ärzte haben ihre Sprechzeiten aufgrund von Online-Bewertungen ausgeweitet. 7 % der Mediziner gaben an, Online-Bewertungen hätten dazu geführt, dass sie selbst Fortbildungen besucht haben.

Für die Autoren steht angesichts der Studie fest, dass Arztbewertungen im Internet bereits integraler Bestandteil der ambulanten Versorgung sind.