Am 10. Mai 2016 ist nach kurzer schwerer Krankheit Prof. Dr. Eiko E. Petersen, Facharzt für Frauenheilkunde, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, sowie langjähriges Mitglied des wissenschaftlichen Beirates von gynäkologie + geburtshilfe verstorben.

figure 1

Wie soll man einen Mann wie Prof. Petersen angemessen würdigen? Indem man seinen bemerkenswerten akademischen Werdegang Revue passieren lässt? Oder auf seine zahllosen Publikationen verweist — darunter die „Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe“ oder der „Farbatlas der Vulvaerkrankungen“, beides inzwischen Standardwerke unseres Faches? Oder vergegenwärtigt man seine vielen Jahre an der Universitätsfrauenklinik Freiburg, während derer er das idyllische Städtchen im Breisgau zum unbestrittenen Zentrum der gynäkologischen Infektiologie machte?

Ich möchte es lieber mit einer persönlichen Erinnerung versuchen. Als ich 1994 die Entscheidung traf, mich mit einer Belegarztpraxis niederzulassen, hatte ich — wie fast alle, die aus einer Klink kamen — von Fluordiagnostik keinen blassen Schimmer. Die wenigsten gynäkologischen Abteilungen verfügen ja noch über eine Ambulanz. Als Folge entlassen Kliniken Fachärzte in die Selbstständigkeit, die kaum in der Lage sind, unter dem Mikroskop eine Pilzinfektion von einer bakteriellen Vaginose zu unterscheiden.

Und weil dem so ist, steht für so ziemlich jeden deutschen Gynäkologen am Anfang seiner Niedergelassenenkarriere ein Wochenende im elsässischen Kaysersberg. Dort nämlich veranstaltete Prof. Petersen im eigenen Haus seine berühmten Seminare für Fluordiagnostik. Für viele war das ein Crashkurs in Infektiologie, der sie fit machte für die praktische Tätigkeit. In Kaysersberg erlebte man aber nicht nur den hervorragenden Wissenschaftler Eiko E. Petersen, sondern auch den mitreißenden Lehrer und Didaktiker. Und nicht zuletzt auch den wunderbaren Lebenskünstler, der es sich nicht nehmen ließ, abends mit seinen Seminarteilnehmern auch die kulinarischen Vorzüge des Elsass zu erkunden. Generationen von Gynäkologen sind durch diese Schule gegangen. Für sie blieb Petersen stets die absolute Koryphäe in allen gynäkologisch-infektiologischen Fragen. Wo er Vorträge hielt, war der Saal stets brechend voll. Und buchstäblich bis in seine letzten Tage blieb er DER Ansprechpartner für alle Problemfälle im Bereich der Scheideninfektionen und der Vulvaerkrankungen. Kompetent, streitbar, wissenschaftlich-fundiert in seinen Publikationen, fesselnd und praxisnah in seiner Fortbildungstätigkeit — Petersen war eine Persönlichkeit, wie es sie im heutigen akademischen Betrieb nur noch selten gibt.

Nun ist er — fast wie ein Künstler, der auf der Bühne stirbt — plötzlich und für alle unerwartet aus dem Leben gerissen worden. Noch am 16. Juli hätte ich mit ihm eine gemeinsame Fortbildungsveranstaltung in Stuttgart bestreiten sollen. Die Programme mit seinem Namen waren bereits gedruckt.

Wir trauern um einen herausragenden Wissenschaftler, einen großen Lehrer, ein engagiertes Mitglied unseres Beirates — und um einen liebenswerten Menschen. Er wird sehr fehlen.