Ein neues dermatologisch relevantes Krankheitsbild ist das VEXAS-Syndrom. VEXAS steht für Vakuolen, E1-Enzym, X-chromosomal, autoinflammatorisch, somatisch. Bei diesem heterogenen autoinflammatorischen Krankheitsbild liegt in 80 % der Fälle eine kutane Beteiligung vor und bei 60 % der Betroffenen findet die Erstmanifestation an der Haut statt, erklärte Prof. Annette Kolb-Mäurer, Würzburg. Die Erkrankung betrifft meist Männer ab dem mittleren Lebensalter und ist vermutlich stark unterdiagnostiziert. Denn auch wenn das Syndrom neu beschrieben wurde, wird geschätzt, dass „die Prävalenz bei über 50-jährigen Männern bei 1:4.269“ liegt, „das ist doch recht häufig“, wie Kolb-Mäurer betonte.

Wenn mittelalte bis ältere Männer mit unklaren Hautveränderungen zusätzlich über rezidivierende Fieberschübe, Gelenkbeschwerden sowie rezidivierende Chondritiden der Ohren oder Nase berichten, „dann muss Ihnen aufgehen: Es könnte sich um eine Autoinflammation handeln und eben um dieses VEXAS-Syndrom“, fasste Kolb-Mäurer die häufigsten Symptome zusammen. Manchmal komme es auch zu Gewichtsverlust; Polyneuropathien sowie eine Augenbeteiligung (Uveitis) seien ebenfalls mögliche Symptome. Die Hautveränderungen können denen des Sweet-Syndroms ähneln, aber auch als Pannikulitiden, Livedo reticularis oder palpaple Purpura auftreten. Die Symptome präsentieren sich als wiederkehrende periodische Ereignisse. Daher wies die Dermatologin darauf hin, dass man Patienten immer die Chance geben sollte, sich kurzfristig vorzustellen, wenn sie gerade eine Episode haben. Die Diagnostik sollte wie auch bei anderen autoinflammatorischen Hauterkrankungen während einer akuten Exazerbation erfolgen.

Histologisch sehe man beim VEXAS-Syndrom eine neutrophile Dermatose und in der Knochenmarksbiopsie Vakuolen. Eine Knochenmarksbiopsie sollte bei Verdacht auf diese Erkrankung immer veranlasst werden, da Betroffene häufig ein myelodysplastisches Syndrom haben, riet Kolb-Mäurer. Da dem VEXAS-Syndrom eine somatische Mutation im UBA1-Gen zugrunde liegt, sei zur Diagnosesicherung zusätzlich eine Sequenzierung dieses Gens möglich. Durch die Mutation „werden entzündliche Zytokine hochreguliert, zum Beispiel Interleukin-1 und -6, Interferon-γ, Tumornekrosefaktor-α - und hier liegt auch unsere Möglichkeit therapeutisch einzugreifen“, so die Dermatologin. Zunächst gebe man hohe Glukokortikoiddosen. Da diese oft nicht ausreichend helfen würden, seien in der Folge spezifische Angriffsmöglichkeiten gefragt, zum Beispiel Interleukin(IL)-1-Rezeptorantagonisten „wie Anakinra, Anti-IL-1β-Antikörper wie Canakinumab, IL-6-Rezeptorantagonisten wie Tocilizumab und Januskinase-Inhibitoren“, fasste Kolb-Mäurer zusammen.

Das produktneutrale Fortbildungskonzept „consilium Dermatologie live“ von InfectoPharm fand in diesem Jahr bereits zum 8. Mal statt und setzt auf praxisnahe Inhalte, welche die Teilnehmenden direkt in ihrem Arbeitsalltag nutzen und umsetzen können. Beim diesjährigen Symposium in Essen, das auch als Livestream übertragen wurde, vermittelten die Referierenden anhand zahlreicher Fallbeispiele aktuelles Wissen und beantworteten im Anschluss an ihre Vorträge Publikumsfragen. Neben neuen Krankheitsbildern in Klinik und Praxis (Prof. Annette Kolb-Mäurer, Würzburg) wurden auch Neuerungen rund um die Haare (Prof. Annika Vogt, Berlin) und bei topischen und systemischen Therapien (Prof. Johannes Wohlrab, Halle/Saale) diskutiert, sowie die Frage, worauf man bei der Blutdiagnostik in der Dermatologie achten muss (PD Dr. Dr. Jan Ehrchen, Münster). Darüber hinaus wurden Infektiöse Problemfälle und deren Differenzialdiagnosen präsentiert (Prof. Cord Sunderkötter, Halle/Saale, und Prof. Alexander Kreuter, Oberhausen).

Das nächste „consilium Dermatologie live“ findet am 21. September 2024 in Mainz statt.

consilium Dermatologie live (hybrid), Essen, 16. September 2023; Veranstalter: InfectoPharm