Zu den häufigen Differenzialdiagnosen bei einer „atypischen“ atopischen Dermatitis zählt die Skabies. Diagnostisch wegweisend sind erythematöse Knoten und gewundene Milbengänge, die als rötliche Linien auf der Haut sichtbar sind. Im Auflichtmikroskop lässt sich die Milbe als „Delta-Zeichen“ darstellen. Wichtig sei, alle Haushaltsangehörigen und andere enge Kontaktpersonen mitzubehandeln, betonte Dr. Dagmar Jamiolkowski, Hannover. Es mehren sich die Hinweise, dass Krätzmilben gegen Permethrin resistent sein können. In Fällen, die unter topischer Behandlung therapierefraktär verlaufen, komme nach sorgfältiger Abwägung und Aufklärung der Familie eine systemische Gabe von Ivermectin infrage, das aktuellen Studiendaten zufolge auch bei Kindern mit einem Körpergewicht von weniger als 15 Kilogramm sicher sei. Zusätzlich sollten die bekannten Hygienemaßnahmen erfolgen, wie das Waschen der Bettwäsche und Kleidung bei 60 °C. Kuscheltiere und andere nicht waschbare Gegenstände sollten für einige Tage luftdicht verpackt und Teppiche, Sofa und Matratzen gründlich abgesaugt werden. Nach sieben bis 14 Tagen sollte insbesondere bei Persistenz der Infestation dringend eine Sicherheitskur erfolgen, so Jamiolkowski.

Solitäre erythematöse Herde mit Pusteln und Schuppen können auf eine kutane Pilzinfektion hinweisen. Die Diagnose sollte durch eine Probenentnahme gesichert und die Therapie entsprechend eingeleitet werden; insbesondere bei Befall haartragender Areale wie Augenbrauen oder Kopfhaut ist in den meisten Fällen eine antimykotische Systemtherapie erforderlich [S1-Leitlinie Tinea capitis, AWMF-Register-Nr. 013-033].

Differenzialdiagnostisch sollte bei scharf begrenzten erythematosquamösen Plaques mit weißen oder silbrigen Schuppen an eine Psoriasis vulgaris gedacht werden. Diagnostik und Therapie sollten entsprechend der aktuellen S2k-Leitlinie erfolgen [AWMF-Register-Nr.: 013-094].

Eine akrale oder periorifizielle Dermatitis bei einem kürzlich abgestillten oder einem ehemals frühgeborenen, wenige Monate alten Säugling kann auf eine Zinkmangeldermatitis hinweisen. Insbesondere, wenn Diarrhö und Gedeihstörungen hinzukommen, sei die autosomal-rezessive Acrodermatitis enteropathica wahrscheinlich, so Jamiolkowski. Bestätigen Laboruntersuchungen den Verdacht, sind die Symptome unter einer Zinksubstitution rasch reversibel. Diese muss bei der genetischen Variante lebenslänglich erfolgen.

Eine wichtige Differenzialdiagnose zum Lippenekzem ist die Cheilitis granulomatosa. Dabei kommt es anfänglich zu intermittierenden, später zu persistierenden entzündlichen Schwellungen der Ober- oder Unterlippe. Begleitend können sich Rhagaden bilden. Bei persistierender Lippenschwellung sollte der Verdacht auf eine Cheilitis granulomatosa histologisch gesichert werden. Eine etablierte Therapie gäbe es nicht, erklärte Jamiolkowski. Neben der im Kindesalter kaum praktikablen läsionalen Steroidinjektion kommen immunmodulierende oder supprimierende Therapeutika wie Dapson, Methotrexat oder der Tumornekrosefaktor-α-Inhibitor Adalimumab zum Einsatz. Cheilitis granulomatosa kann die Erstmanifestation eines Morbus Crohn sein; die Auftretenswahrscheinlichkeit dieser chronisch-entzündlichen Darmerkrankung ist bei Cheilitis-granulomatosa-Betroffenen deutlich erhöht, weshalb sie in kindergastroenterologischer Rücksprache engmaschig abgeklärt und gegebenenfalls behandelt werden sollte.

Insbesondere bei präpubertären Mädchen können anogenitale erythematöse oder weißliche Hautveränderungen, Beschwerden bei der Miktion und beim Stuhlgang sowie Brennen und Juckreiz auf einen Lichen sclerosus (LS) hinweisen, sagte die Dermatologin. Einblutungen und Rhagaden können hinzukommen. Auch bei sonstiger Beschwerdefreiheit kann ein flächiges Erythem oder eine Hypopigmentierung auf einen LS hinweisen. Bei Jungen kann ein LS auch in Form einer Phimose auftreten, die Zirkumzision ist dann Behandlung der ersten Wahl. Bei betroffenen Mädchen ist eine längerfristige Therapie mit topischen Kortikosteroiden indiziert. Im Kindesalter handle es sich beim LS nicht um eine Präkanzerose, betonte Jamiolkowski. Damit könne man besorgte Eltern beruhigen.

Jamiolkowski D. „Atypische Neurodermitis“: Welche häufigen Differenzialdiagnosen sind zu beachten? 18. Deutscher Allergiekongress, Bonn, 14. September 2023