Die Behandlungsdokumentation ist im Arzthaftungsprozess eines der zentralen Beweismittel. Was gilt also, wenn aufgrund von "Lücken" hierin Beweisfragen nicht sicher zu klären sind?

Eine Patientin machte nach der Behandlung einer Pigmentstörung der linken Wange Schadensersatz geltend. Zunächst war bei ihr eine Fruchtsäurebehandlung der Haut erfolgt, danach eine Laserbehandlung mittels eines Erbium-Yttrium-Aluminium-Granat(Er:YAG)-Lasers aus dem Jahr 1994; die Pulszeit betrug 100-150 mJ, die Wellenlänge 2,94 µm und die Spotgröße 3 mm. Einige Monate später war ein etwa 1-Cent-Stück großer weißer Fleck verblieben, in der gesamten Größe um circa 1 mm vertieft. Die Klägerin sah dies als Folge einer fehlerhaften Behandlung und rügte unter anderem, dass ein ungeeigneter Laser und nicht optimale Einstellungen verwendet worden sowie die Vor- und Nachbehandlung unzureichend gewesen seien. Zudem habe die Fruchtsäuretherapie in zu kurzem Abstand zum Eingriff gestanden, die Haut sei unzureichend gekühlt und eine gebotene "Probebehandlung" unterlassen worden.

So sah das Gericht den Fall

Das Amtsgericht Bremen (Urt. vom 23.4.2008, Az. 23 C 296/06) wies die Klage jedoch ab, da eine schadensursächliche Pflichtverletzung nicht klar bewiesen wurde. Der insofern grundsätzlich beweisbelasteten Klägerin halfen auch "Dokumentationslücken" am Ende nicht. Ein Sachverständiger hatte solche zwar aufgezeigt, da nicht alle Beweisfragen abschließend aus der Dokumentation heraus zu beurteilen waren. So hätte, selbst wenn ihm die Dokumentation für eine Praxis im Umfang nicht unüblich schien, zumindest eine Verdachtsdiagnose näher dokumentiert werden müssen. Trotzdem folgte daraus nicht automatisch die Annahme eines Behandlungsfehlers oder gar einer Beweislastumkehr zu Lasten des Beklagten. Denn selbst eine lückenhafte Dokumentation löse nicht per se Schadenersatz aus. Die Dokumentation diene ohnehin nicht in erster Linie der Beweissicherung, sondern sei medizinischen Notwendigkeiten unterworfen.

Bezüglich der streitigen Versäumnisse führte der Gutachter im Übrigen aus, dass eine mangelnde Kühlung der behandelten Stelle, die fehlende Verabreichung pigmenthemmender Stoffe sowie ein - zudem streitig - unterlassener Hinweis auf UV-Karenz nach der Behandlung als Ursache der Narbenbildung ausschieden, unter anderem, weil eine Hypopigmentierung der Stelle eingetreten war. Auch wenn es vermutlich geeignetere Laser gegeben hätte, ließ die Verwendung des Modells in beschriebener Einstellung keinen sicheren Rückschluss darauf zu, dass die Narbe gerade hierauf zurückzuführen war, zumal sich ein allgemeines Risiko solcher Behandlungen verwirklichte.

Ob der Abstand zwischen Laser- und Fruchtsäurebehandlung zu kurz war, konnte ebenso offenbleiben wie der Einwand des Beklagten, dass der Pigmentfleck gar nicht mittels Fruchtsäure behandelt, sondern ausgespart worden sei, diese Behandlung also vielmehr nur anderen Hautpartien gegolten habe. Denn der Gutachter konnte damals auch zu dieser Frage keine verlässlichen Daten finden, um dies zu beurteilen. Schließlich war auch die Kausalität zum Schaden insoweit fraglich, da ebenso gut ein klägerseits eingeräumtes Überschminken der Stelle unmittelbar nach der Laserbehandlung die Komplikation des ohnehin immer gegebenen Risikos begünstigt haben könnte.

Bedeutung für die Praxis

Bereits dieses ältere Urteil zeigt unter Bezug auf die damalige Rechtsprechung bis zum Bundesgerichtshof (NJW 1999, 3408), dass eine "lückenhafte Dokumentation" allein keine Anspruchsgrundlage ist. Wenn der Behandler "eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis … nicht in der Patientenakte" aufgezeichnet hat, tritt zunächst allenfalls die Vermutung ein, dass eine entsprechend gebotene Maßnahme unterblieben ist. Dies wurde inzwischen auch in § 630h Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch normiert. Soweit sich dieser Umstand nachfolgend als fehlerhaft und schadensursächlich erweisen würde, und die Vermutung auch nicht mehr vom Behandler ausgeräumt werden kann, führt dies erst im zweiten Schritt zur Haftung. Dabei ist zu beachten, dass nicht jede "Lücke" rechtserheblich ist. Denn die Dokumentation dient auch nach aktueller Rechtsprechung nach wie vor und in erster Linie der Sicherstellung wesentlicher medizinischer Daten und Fakten, also der Therapiesicherung - und nicht dazu, später jegliche Streitfragen klären zu können, die sich eventuell in einem Prozess ergeben könnten (BGH, Urt. vom 27.4.2021, Az. VI ZR 84/19).