Eine Chemotherapie geht häufig mit Haarausfall einher. Wie diese Form der Alopezie behandelt werden kann, erklären brasilianische Forscher.

Rund 65 % der Patienten, die eine Chemotherapie erhalten, entwickeln eine Chemotherapie-induzierte Alopezie (CIA). Die Chemotherapie verursacht eine abrupte Unterbrechung der mitotischen Aktivität, indem sie die hoch proliferativen Zellen wie die der Follikelmatrix schädigt. Daher fallen die Haare meist ein bis drei Wochen nach Behandlungsbeginn aus. Bis zu 90 % der Kopfhaare befinden sich in der anagenen Phase, sodass diese Region am stärksten betroffen ist - ganz im Gegensatz zu Bart, Wimpern, Augenbrauen, Achsel- und Schamhaaren. Die Alopezie ist normalerweise reversibel und das erneute Haarwachstum beginnt meist drei bis sechs Monate nach Ende der Therapie. Die Haare können danach eine andere Textur, Dicke, Welligkeit und Farbe aufweisen.

Die Ergebnisse multizentrischer Studien deuten darauf hin, dass eine topische Behandlung mit 2 % oder 5 % Minoxidil eine CIA stabilisieren oder verbessern kann. Die Autoren einer aktuellen Untersuchung verglichen die topische Therapie mit zum Beispiel Minoxidil und 5-α-Reduktase-Inhibitoren mit den Substanzen in Nanopartikelform. Das Ergebnis: Die Nanopartikel waren wirksamer und hatten weniger Nebenwirkungen. Die Therapie mit 5-α-Reduktase-Hemmern und Spironolacton erwies sich wiederum als sicher bei Brustkrebs-Überlebenden. Eine Chemotherapie-induzierte Madarose kann möglicherweise mit Bimatoprost behandelt werden.

Mehr oder weniger effektive nicht medikamentöse Optionen umfassen die Kühlung der Kopfhaut, die Low-Level-Lasertherapie (LLLT), ein Microneedling und die Verwendung von plättchenreichem Plasma (PRP). Wird die Kopfhaut während einer (neo)adjuvanten Chemotherapie gekühlt, führt das in rund 71 % der Fälle zum Erfolg. Es bestehen allerdings Bedenken, dass es dadurch zu Hautmetastasen kommen kann. In einer Metaanalyse wurde dieser Zusammenhang aber nicht gefunden. Auch die LLLT ist vielversprechend und kann zur Therapie der CIA angewandt werden. Ein Microneedling regt Stammzellen an und induziert die Aktivierung von Wachstumsfaktoren. Bisher gibt es allerdings keine Studien, die die Wirksamkeit der Methode speziell bei der CIA untersuchen. Die Behandlung mit PRP kann zwar eine androgenetische Alopezie verringern; erste Versuche in Ratten zeigten aber keinen protektiven Effekt gegenüber einer CIA.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten wurden in präklinischen Studien evaluiert - darunter Cyclosporin A, Calcitriol, Interleukin-1, Caspase-3-Inhibitoren und Antioxidantien. Ob diese nicht nur in Tieren, sondern auch beim Menschen wirksam sind, wird sich erst zeigen müssen.

Fazit: Die Therapie der Chemotherapie-induzierten Alopezie bleibt eine Herausforderung, resümieren die Studienautoren. Glücklicherweise sei der Haarverlust in vielen Fällen reversibel - dennoch erachten die Forscher es als wichtig, die psychischen Konsequenzen, die sich für die Patienten ergeben, zu verstehen. Sie betonen außerdem, dass keine der genannten Therapien einem Haarverlust vollständig vorbeugen kann.

Santos TS et al. Post-chemotherapy alopecia: what the dermatologist needs to know. Int J Dermatol. 2021. https://doi.org/g94m