Die Behandlung von fortgeschrittenen Melanomen muss sich möglicherweise auch am Geschlecht der Krebskranken orientieren. Für Frauen könnte die Kombination aus Ipilimumab und Nivolumab weniger geeignet sein als für Männer.

Das Immunsystem von Männern und Frauen unterscheidet sich: Bei Frauen werden Pathogene schneller eliminiert, Impfstoffe wirken besser und es treten mehr Autoimmunerkrankungen auf - sie bauen also eine stärkere Immunantwort gegen Fremd- und Autoantigene auf als Männer. Die Vermutung liegt daher nahe, dass auch die Wirkung von Immuncheckpointinhibitoren (ICI) geschlechtsspezifisch variieren könnte. Unterstützt wird diese Hypothese durch aktuelle Daten aus dem SEER-Register:

In die Analyse einbezogen wurden 1.369 über 65-Jährige mit Stadium-III- oder -IV-Melanomen, 72 % waren Männer; 88 % hatten eine Anti-PD-1-Therapie mit Nivolumab oder Pembrolizumab erhalten, 12% waren mit Ipilimumab plus Nivolumab behandelt worden. Alle Patienten wurden 24 Monate nachbeobachtet.

Das mediane Gesamtüberleben wurde nur von Frauen in der Kombinationsgruppe erreicht, es betrug 10,2 Monate. Ihr Mortalitätsrisiko war nach Abgleich anderer Einflüsse 2,8-mal so hoch wie das von Frauen mit einer Anti-PD-1-Therapie. Bei Männern machte es dagegen im Hinblick auf das Überleben keinen Unterschied, ob sie nur mit einem PD-1-Hemmer oder mit Ipilimumab plus Nivolumab behandelt worden waren. Frauen hatten mit der kombinierten Immuntherapie ein doppelt so hohes Mortalitätsrisiko wie Männer. Unter einer Anti-PD-1-Therapie hatten sie jedoch dieselben Überlebenschancen wie Männer, unabhängig davon, ob sie vorher Ipilimumab erhalten hatten oder nicht.

"Die Ergebnisse sprechen dafür, dass bei Frauen mit Ipilimumab in der Anamnese möglicherweise eine Anti-PD-1-Therapie einer Kombinationstherapie vorzuziehen ist", schreiben die Autoren. Bei Männern in dieser Situation sei dagegen unklar, welche Therapie die bessere sei.

Als Ursache dieses Geschlechtsdimorphismus vermuten die Forscher molekulare Unterschiede in den Tumoren, die auf geschlechtsspezifische Immunreaktionen zurückgehen. Möglich seien auch Östrogen-abhängige Effekte. Unklar ist, warum ein geschlechtsspezifisches Überleben nur mit der Kombinationstherapie festgestellt wurde. Möglicherweise hänge das mit den unterschiedlichen Angriffspunkten von CTLA-4- und PD-1-Inhibitoren zusammen, so die Autoren.

Geschlechtsspezifische Effekte von ICI sind auch beim nicht kleinzelligen Lungenkrebs beschrieben. Die Forscher fordern deswegen, in Studien mit ICI einen stärkeren Fokus auf geschlechtsspezifische Wirkungen zu legen. Wegen der kleinen Patientenzahlen ist die vorliegende Analyse in ihrer Aussagekraft limitiert.

Fazit: Nach SEER-Registerdaten haben Frauen unter der Kombination von Ipilimumab und Nivolumab eine doppelt so hohe Zwei-Jahres-Mortalität wie Männer. Das ist bei einer Anti-PD-1-Therapie nicht der Fall.

Jang SR et al. Association Between Sex and Immune Checkpoint Inhibitor Outcomes for Patients With Melanoma. JAMA Netw Open. 2021; 4: e2136823