Ob Infektionskrankheiten antitumorale Effekte haben können, wird immer wieder kontrovers diskutiert, berichtete Prof. Dr. Axel Hauschild, Kiel. So wurden beispielsweise unerwartete Remissionen eines malignen Melanoms beim Auftreten einer fieberhaften Grippe beobachtet.
In einer aktuell publizierten Kasuistik wird über eine Spontanremission eines metastasierten malignen Melanoms unter einer Erkrankung an COVID-19 berichtet [Herrscher H et al. Eur J Cancer. 2021; 149: 91-3]. Bei einer 84-jährigen Patientin mit malignem Melanom und peritonealen Metastasen musste eine Therapie mit Dabrafenib und Trametinib wegen Kardiotoxizität abgebrochen werden. Bei sehr schlechtem Allgemeinzustand erhielt die Patientin nur noch eine rein palliative Versorgung. Als sich eine schmerzhafte, schnell wachsende zervikale Lymphknoten-Metastase entwickelte, erfolgte eine palliative Strahlentherapie dieser Metastase. Im weiteren Verlauf erkrankte die Patientin an COVID-19. Bei einem Re-Staging zeigte sich in der Computertomografie, dass sich nicht nur die behandelte Metastase zurückgebildet hatte, sondern dass es auch zu einer partiellen Remission aller viszeralen Metastasen gekommen war, die unbehandelt geblieben waren.
Da Spontanremissionen von weit fortgeschrittenen metastasierten malignen Melanomen eine absolute Rarität sind, läge hier die Vermutung nahe, dass die Erkrankung an COVID-19 der Grund gewesen sein könnte, so Hauschild.
Die Autoren der Publikation diskutierten, dass die Infektion mit dem Coron-Virus SARS-CoV-2 die Immunantwort zum Beispiel über Toll-Like-Rezeptoren aktiviert haben könnte und dass dies möglicherweise zur Produktion von antitumoral wirksamen proinflammatorischen Zytokinen und Chemokinen geführt habe. Über diese Mechanismen könnte ein systemischer abskopaler Effekt eingetreten sein.
Hauschild A: Melanom. Derma Update 2021