Immuncheckpoint-Hemmer haben die Überlebenschancen von Patienten mit metastasiertem Melanom verlängert. Ein Onkologenteam hat nun einen bisher wenig beachteten Aspekt in den Fokus gerückt: das Risiko so behandelter Patienten für Zweitmalignome.

Metastasierte Melanome galten und gelten noch als schwer zu behandeln. Das Ansprechen auf die früher üblicherweise eingesetzten Zytostatika wie Dacarbazin erreichte höchstens 20 %, weniger als 10 % der Patienten überlebten die ersten fünf Jahre nach der Diagnose.

Verbessert hat sich die Situation seit der Einführung von Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) - wie Ipilimumab, dessen Zulassung nun rund zehn Jahre zurückliegt. Das 5-Jahres-Überleben hat sich etwa unter Ipilimumab von 9 % auf 18 % erhöht. Die neuen, immunologisch wirksamen Therapien könnten freilich selbst Probleme seitens des Immunsystems verursachen und über eine stärkere Toxizität organspezifische Nebenwirkungen hervorrufen.

Eine denkbare Nebenwirkung besteht im erhöhten Risiko der solcherart behandelten Patienten, an einem zweiten primären bösartigen Tumor zu erkranken. US-amerikanische Radioonkologen aus Texas haben versucht, Licht in diese Angelegenheit zu bringen. Die Forscher sammelten dazu Daten von 5.016 Patienten aus der SEER(Surveillance, Epidemiology, and End Results)-Datenbank. 58 % waren jünger als 65 Jahre, 69 % waren Männer. Alle Patienten waren an metastasierten Melanomen erkrankt. 2.315 waren in den Jahren 2005-2010 (also vor Einführung der ICI), 2.701 in den Jahren 2011-2016 und damit nach ICI-Einführung behandelt worden. Anhand der Daten wurden in beiden Gruppen die standardisierten Inzidenzraten (SIR) auftretender Zweitmalignome berechnet und miteinander verglichen. Die SIR gibt das Erkrankungsrisiko einer definierten Gruppe im Verhältnis zum Risiko der Gesamtpopulation wieder.

Zunächst stellten die Studienautoren fest, dass sich die 5-Jahres-Gesamtmortalität von Patienten mit metastasiertem Melanom im Zeitraum von 2011-2016 gegenüber den Jahren 2005-2010 signifikant reduziert hatte, nämlich von 82 % auf 76 %. Gegenübergestellt wurden unter anderem die SIR von Dünndarmkrebs (ICI verursachen teils schwere gastrointestinale Nebenwirkungen), Lungen- und Bronchialkrebs, Nierenkrebs und multiplem Myelom. Erhöht waren die SIR für alle genannten Zweitmalignome und Patientengruppen, je nach Entität lag das Risiko zwei- bis neunmal höher. Insgesamt war das Risiko für Zweitmalignome von Patienten der Prä-ICI-Ära um 65 % erhöht (SIR 1,65), das Risiko von Patienten der ICI-Periode aber um 98 % (SIR 1,98).

Insgesamt ergab sich eine Verschiebung der Inzidenzen von Zweitmalignomen, und zwar von in erster Linie hämatologischen Krebsarten prä-ICI hin zu Krebs des Dünndarms und zum multiplen Myelom in der ICI-Phase. Die absoluten Fallzahlen waren jedoch gering, es gab in den Jahren 2011-2016 zwei Fälle von Dünndarmkrebs und vier Fälle von multiplem Myelom (gegenüber einem und sieben Fällen davor). Insgesamt überlappten sich die für die einzelnen Tumorarten berechneten Konfidenzintervalle der SIR.

Fazit: Das Risiko für primäre Zweitmalignome von Patienten mit metastasiertem Melanom habe sich in der Ära der ICI-Therapie erhöht und das Muster der Entitäten verändert, konstatieren die Studienautoren: "Enges Monitoring und Screening auf Zweitmalignome scheinen bei Patienten mit metastasiertem Melanom gerechtfertigt zu sein."

Deng W et al. Assessment of Trends in Second Primary Cancers in Patients With Metastatic Melanoma From 2005 to 2016. JAMA Netw Open. 2020; 3: e2028627