In seinem Vortrag über Notfälle in der Dermatologie definierte Prof. Percy Lehmann, Wuppertal, einen medizinischen Notfall als "jede Situation eines Patienten oder einer Patientin, die ohne adäquate Behandlung zu schweren Schäden oder Tod führt". Am gängigsten ist die Anaphylaxie als allergologischer Notfall. Behandeln lässt sic h diese unabhängig von der Ursache mit Adrenalin, Antihistaminika und Kortikosteroiden. "Sie sollten alles drei in der Praxis zur Verfügung haben, um schnell zu handeln", sagte Lehmann. Für einen Algorithmus für die symptomorientierte Akutbehandlung verwies er auf eine Publikation von Herr et al. [Hautarzt 2018; 69: 352-63]. Im Nachgang sei es wichtig, das auslösende Allergen zu identifizieren, um künftige Anaphylaxien zu vermeiden. Unerlässlich sei es, die Patienten im korrekten Umgang mit Adrenalinautoinjektoren zu schulen, so Lehmann.

Als besonderen Fall präsentierte Lehmann die Lichturtikaria, die bei vielen Betroffenen oft jahrelang fehldiagnostiziert werde. Wann immer ein Patient über Quaddeln oder gar Anaphylaxie bei Sonnenexposition klagt, sollte die Diagnose Lichturtikaria geprüft werden. Diese lasse sich in der Regel leicht testen und sehr gut behandeln. Als Maximalvariante einer Arzneimittelreaktion stellte Lehmann die toxische epidermale Nekrolyse (TEN) vor. Betroffene Patienten müssen sofort mit dem Hubschrauber in eine spezialisierte Verbrennungsklinik transportiert werden. "Ihnen bleibt nur noch die Aufgabe, den weiterbehandelnden Kollegen durchzugeben, was der mögliche Auslöser ist", sagte Lehmann.

Wie sinnvoll interdisziplinäre Zusammenarbeit auch in der Notaufnahme ist, zeigte Lehmann anhand eines Beispiels einer pustulösen Reaktion nach Daylight-PDT. Die Chirurgen wollten Abszesse öffnen, die Internisten mit der Antibiose beginnen. Der diensthabende Hautarzt erkannte die sterile pustulöse Reaktion und konnte den Patienten beruhigen.

Ein echter Notfall für Dermatologen ist auch die Riesenzell-Arteriitis, die häufigste Systemvaskulitis. "Sie müssen ganz schnell hochdosierte Steoride geben, sonst erblindet der Mensch!", warnte Lehmann. Kürzlich zugelassen ist auch der IL-6-Antikörper Tocilizumab. Zur Rezidivprophylaxe erhalten die Patienten Acetylsalicylsäure und Methotrexat als Dauermedikation.

Auf die Zusammenhänge zwischen Hautveränderungen und internistischen Erkrankungen ging Prof. Dr. Falk Ochsendorf, Facharzt für Dermatologie und Venerologie, Leitender Oberarzt der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum Frankfurt/Main, näher ein. Bestimmte internistische Erkrankungen können verschiedene Hautsymptome auslösen. So kann ein Diabetiker beispielsweise trockene Haut oder Xanthome aufweisen. Zugleich können eine Xerosis cutis wie auch Xanthome zahlreiche andere Gründe haben. Insbesondere wenn die Hautveränderungen besonders schwer oder ausgeprägt sind, sollte man auch an eine internistische Grunderkrankung denken, erläuterte Ochsendorf. Umgekehrt existieren definierte Dermatosen, die verschiedene internistische Ursachen haben können, wie zum Beispiel eine Vasculitis allergica. Hier müssen die möglichen Auslöser systematisch ausgeschlossen werden.

Weitere Themen und Referenten des "consilium Dermatologie live" waren Dermatochirurgie in der Praxis (Prof. Thomas Dirschka, Wuppertal), Blickdiagnosen in der pädiatrischen Dermatologie (PD Dr. Christina Schnopp, München), "Aus Irrtümern lernen ..." (Prof. Cord Sunderkötter, Halle/Saale und Prof. Alexander Kreuter, Oberhausen) sowie Dermatosen auf dunkler Haut (Prof. Esther von Stebut-Borschitz, Köln).

consilium Dermatologie live, Frankfurt/Main, 19.9.2020; Veranstalter: InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH