In Aufklärungsgesprächen fallen zwangsläufig Angaben über die Wahrscheinlichkeiten von Risiken, wobei auf das allgemeine Sprachverständnis geachtet werden muss.

Vorliegend richtete sich die Klage gegen Heilpraktiker als Inhaber einer Naturheilpraxis für Traditionelle Chinesische Medizin, bei denen sich der Kläger wegen Spannungsschmerzen an beiden Augen, geschwollenen Unterlidern und Heuschnupfen in Behandlung begeben und unter anderem eine Leistungsvereinbarung mit dem Hinweis "Es wird darauf hingewiesen, dass es bei einer möglichen Behandlung durch Moxabustion (Wärmebehandlung) in seltenen Fällen zu Brandblasen kommen kann. (…)" unterzeichnet hatte. Im Juli 2013 erfolgte eine solche Behandlung, wobei unter anderem eine Moxabustionsnadel am rechten Bein oberhalb des Sprunggelenks gesetzt wurde. Der Kläger forderte wegen einer entstandenen Brandblase mit Narbenbildung (2×3 cm) Schadensersatz. Die Beklagten beriefen sich dabei auf ein behandlungsimmanentes Risiko.

So sah das Gericht den Fall

Das LG Bonn verurteilte die Beklagten zu Schadensersatz, unter anderem zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 2.500,00 € (Urt. v. 19.6.2015, Az. 9 O 234/14). Die im Zuge der Behandlung aufgetretene Verbrennung war unstreitig, dieser Umstand aber letztlich nicht von einer wirksamen Einwilligung gedeckt. Zwar hatte ein Aufklärungsgespräch zu Beginn der Behandlung stattgefunden, bei dem die Leistungsvereinbarung inklusive obigen Hinweises unterschrieben wurde, dies aber nicht ordnungsgemäß. Denn laut Sachverständigem stand fest, dass das Verbrennungsrisiko nicht "selten" war ("mehr als 1 %"). Vielmehr komme es auch bei Beachtung der Sorgfalt oft zu Verbrennungen, Gewebevernarbungen oder Pigmentveränderungen. Die Aufklärung war also nicht richtig, denn Patienten würden mit der Formulierung "in seltenen Fällen", die auch in Beipackzetteln üblich sei, normalerweise verbinden, dass die Folge nur "in mehr als 0,01 % und weniger als 0,1 % der Fälle" auftrete. Das Gericht bejahte außerdem noch zwei grobe Behandlungsfehler, weil die Moxabustion angesichts der Beschwerden gar nicht indiziert gewesen sei und der Kläger nicht ununterbrochen beaufsichtigt worden war. Beides wurde unter Beachtung der Angaben des Gutachters als schlechterdings unverständliches Handeln gewertet.

Was bedeutet das Urteil für den klinischen Alltag?

Heileingriffe bedürfen grundsätzlich der Einwilligung des Patienten, um rechtmäßig zu sein. Die wirksame Einwilligung wiederum setzt dessen ordnungsgemäße Aufklärung voraus. Insofern müssen Risiken zwar nicht medizinisch absolut exakt beschrieben werden. Es genügt vielmehr laut Rechtsprechung, "im Großen und Ganzen" über Chancen und Risiken aufzuklären und dadurch eine allgemeine Vorstellung vom Gefahrenausmaß zu vermitteln, ohne sie zu beschönigen oder zu verschlimmern. Es ist also eigentlich nicht erforderlich, (annähernd) genaue Prozentzahlen mitzuteilen. Erweckt der Aufklärende aber durch unzutreffende Darstellungen eine Fehlvorstellung über das Ausmaß von Gefahren und verharmlost verhältnismäßig häufige(re) Risiken, kommt er seiner Aufklärungspflicht nicht ausreichend nach. Es wundert somit nicht, dass hier die qualitativ falsche Aufklärung "selten" statt "oft" zur Haftung führte. Wissenswert mit Blick auf die Argumentation des LG ist trotzdem aber nochmals ein später die Rechtslage differenzierter darlegendes BGH-Urteil, wonach sich Wahrscheinlichkeitsangaben trotz allem gerade nicht an den in Beipackzetteln für Medikamente verwendeten Häufigkeitsdefinitionen des Medical Dictionary for Regulatory Activities zu orientieren haben. Der BGH sah insofern vor allem kein Herunterspielen von Risiken, soweit von "gelegentlichem" Risiko einer (Knie-)Prothesenlockerung die Rede sei, wenn die Wahrscheinlichkeit hierfür tatsächlich im Bereich von bis zu 8,71 % liegt. Dieses Risiko sei dann auch vom natürlichen Wortsinn "gelegentlich" ohne Weiteres gedeckt, selbst wenn es nicht der Definition im MedDRA entspreche, wonach Nebenwirkungen "gelegentlich" seien, wenn sie bei einem bis zu zehn von 1.000 Behandelten (0,1-1 %) aufträten (BGH, Urt. v. 29.1.2019, VI ZR 117/18).