Die Klinikvergütung setzt eine umfassende Aufklärung voraus, falls Schwerstkranke eine noch nicht anerkannte Behandlungsmethode beanspruchen. Doch letztendlich muss der Patient entscheiden können.

Patienten mit besonders schweren oder gar tödlichen Krankheiten müssen selbst entscheiden können, ob sie auch bei hohen Risiken nach einem "letzten Strohhalm" greifen wollen. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses setzt dann eine ordnungsgemäße und umfassende Aufklärung voraus, wie jetzt das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied.

Im Streitfall litt der Patient an einem Mantelzelllymphom. Am 25. März 2010 erfolgte im Krankenhaus eine allogene Stammzelltransplantation (SZT). Diese gehört bislang noch nicht zu den anerkannten Regelleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach dem sogenannten Nikolausbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 müssen die Krankenkassen bei lebensbedrohlichen Krankheiten aber auch Methoden bezahlen, die nicht anerkannt sind, wenn diese "eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht" auf Heilung oder Linderung versprechen und es keine anerkannte Alternative gibt.

Der Vergütungsanspruch für eine riskante Therapie hängt von einer ordnungsgemäßen Aufklärung ab, so das Bundessozialgericht.
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© Bernd Schoelzchen / dpa

Nicht erforderlich - keine Erstattung?

Ebenfalls zu einer SZT hatte das BSG im Oktober 2019 entschieden, dass in solchen Fällen ein Krankenhaus dennoch nicht automatisch die nicht anerkannte Methode abrechnen kann. Vielmehr könne eine palliative Behandlung Vorrang haben, wenn diese "einen zeitlich größeren Überlebensvorteil eröffnet". In dem neuen Fall standen die Chancen einer erfolgreichen SZT besonders gut, weil es einen sehr gut geeigneten Spender gab. Der Patient starb aber an einer Sepsis mit Multiorganversagen. Die Krankenkasse meinte, dass die SZT nicht erforderlich war und wollte die Kosten in Höhe von gut 45.000 € nicht übernehmen.

Mit seinem neuen Urteil stärkte das BSG die Entscheidungsmöglichkeiten der Patienten. Letztlich müssten sie entscheiden können, ob sie eine nicht anerkannte und mit hohen Risiken behaftete Behandlungsmethode in Anspruch nehmen wollen. Unter dem seit Anfang 2020 neuen Vorsitz des BSG-Präsidenten Rainer Schlegel rückte der BSG-Krankenhaussenat damit ein Stück von dem statistisch-rechnerischen Blickwinkel des Urteils aus 2019 ab.

Richter wollten den Bürokratieaufwand begrenzen

Wenn sich Patienten für eine riskante Behandlung entscheiden, hängt danach der Vergütungsanspruch des Krankenhauses von einer ordnungsgemäßen Aufklärung ab. Hierzu betonte das BSG, dass bei Routinebehandlungen eine solche Aufklärung vermutet werden kann. Damit wollten die Kasseler Richter den Bürokratieaufwand der Krankenhäuser begrenzen. Bei einem Streit um das Honorar müsste in Routinefällen danach die Krankenkasse beweisen, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht erfolgt ist. Das gelte aber nicht, so das BSG, wenn wie hier die Behandlung mit dem Risiko schwerer Schäden oder gar einem hohen Sterberisiko verbunden ist. "Hier bedarf es einer besonders sorgfältigen Aufklärung", auch über die Chancen und Risiken im konkreten Einzelfall.

Aufklärung dokumentieren

Nach dem Kasseler Urteil ist es für die Krankenhäuser wichtig, diese einzelfallbezogene Aufklärung auch zu dokumentieren. Im Streitfall war ein hierfür vorgesehenes Textfeld im Aufklärungsformular leer geblieben. Daher soll nun das Landessozialgericht Hamburg prüfen, ob eine ordnungsgemäße Aufklärung erfolgt ist. Davon hängt dann der Vergütungsanspruch des Krankenhauses ab.