Den vielen Unannehmlichkeiten, die Ärzte mit der stufenweisen Umsetzung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) erdulden müssen, steht zumindest zunächst die extrabudgetäre Vergütung vieler Leistungen und Behandlungen in bestimmten Konstellationen gegenüber.

Die Freude darüber währt aber nur kurz, denn aufgrund der Bereinigung der Vergütung müssen Ärzte zunächst für ein Jahr mehr oder minder auf zusätzliches Honorar verzichten. Darauf haben offenbar die Krankenkassen hingewirkt, die sich vor unkontrollierten und immensen Kosten aufgrund der extrabudgetären Versprechungen des TSVG fürchteten.

Viele Praxisinhaber überlegen schon jetzt, wie sie die gesetzlichen Anforderungen und natürlich die neuen Abrechnungsregeln am besten unter einen Hut bringen und ihre Praxisorganisation entsprechend ausrichten können.

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TSS, offene Sprechstunde, neuer Patient? Das TSVG zwingt zum Grübeln.

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Die Berechnungen, Bereinigungen und Extra-Kennzeichnungen für die verschiedenen TSVG-Fälle (Termin-Servicestelle[TSS]-Patient, neuer Patient, vom Hausarzt an den Facharzt vermittelter Patient oder Patient in offener Sprechstunde) sind derart kompliziert und teils noch ungeklärt, dass Ärzte und Praxisteams eine Menge Stoff zum Grübeln haben.

Bereinigung bei TSVG-Konstellationen

Eine Deckelung gibt es schon mal bei den offenen Sprechstunden: Eine Praxis erhält demnach maximal 17,5 % der Arztgruppenfälle des Vorjahresquartals extrabudgetär vergütet. Kommen mehr Patienten in die offene Sprechstunde, Pech gehabt. Andererseits wurden offene Sprechstunden bislang überhaupt nicht zusätzlich vergütet.

Auch sollten sich Praxen die Quartale merken, in denen eine Bereinigung der budgetierten Ziffern stattfindet. So werden in einigen Quartalen die Behandlungen der Patienten in den neuen TSVG-Konstellationen zwar extrabudgetär vergütet — auf der anderen Seite sinken aber die Regelleistungsvolumen (RLV) und Qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen (QZV).

Kassen verfolgen Abrechnung mit Argusaugen

Bei diesem Nahezu-Nullsummenspiel für ein Jahr stellt sich die Frage: Welche Strategien sollten Ärzte nun verfolgen? Die KV Baden-Württemberg rät dazu, vorsichtig abzurechnen und nicht das Hamsterrad anzuwerfen. Die KV Bayern erinnert daran, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot weiter besteht. Auch die Abrechnungsprüfungen auf Rechtmäßigkeit und Plausibilität bestünden fort. Gerade bei den Leistungen im Zusammenhang mit offenen Sprechstunden hatte die AOK bereits angekündigt, diese ins „Säurebad der Abrechnungsprüfung“ legen zu wollen.

Bevor sich Ärzte nun wegen der Bereinigungsregelungen frustriert abwenden, erinnert Dr. Georg Lübben, AAC Praxisberatung AG, daran, dass das Honorar in allen Selektivverträgen sowie in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) ebenfalls bereinigt wird — und zwar ohne zeitliche Einschränkung.

Die Ärzte stecken allerdings mit dem TSVG in einer Zwickmühle, so Lübben weiter, da ihr Handeln aufgrund der Vergütungsverlockungen im TSVG von den Kassen mit Argusaugen überwacht werden wird. Andererseits wünscht der Gesetzgeber ja, dass mehr Patienten schneller behandelt werden sollen, und hat deshalb auch Anreize gesetzt.

Stellt sich am Ende heraus, dass die höhere Anzahl an Sprechstunden oder auch die offenen keinen Bedarf auslösen, könnten sich die Kassen bei den nächsten Vergütungsverhandlungen auf den Stand stellen: Wozu mehr Geld, wenn keine Notwendigkeit erkennbar ist? Das war übrigens von Anfang an der Standpunkt der Kassen beim TSVG.

Die Ärzte würden mit einem solchen Verhalten der Kassenseite eine Steilvorlage liefern. Lübben empfiehlt: Ärzte sollten am besten einfach so weiterarbeiten, wie sie es bisher auch getan haben. Und auch wenn die Vergütung zunächst nicht so in die Höhe geht, wie erhofft, kann es doch vorteilhaft sein, wenn bei diesen Patienten weiterer Behandlungsbedarf besteht und zusätzliche Leistungen erforderlich sind.