Avoid common mistakes on your manuscript.
Kommen Hämorrhoidalbeschwerden wirklich davon, dass „Mann“ oder „Frau“ zu lange auf der Toilette thront und feste drückt? Kann man dem Übel mit Ernährungsmaßnahmen vorbeugen? Und wie hilfreich sind rezeptfreie Mittel aus der Apotheke? Der Proktologe Dr. Joos beantwortet die häufigsten Patientenfragen rund ums Thema Hämorrhoiden.
? Herr Dr. Joos, womit werden Hämorrhoiden am häufigsten verwechselt?
Joos: Am häufigsten mit den äußeren Hautfalten, den Marisken. Und dann gegebenenfalls auch mit Analvenenthrombosen, die aber im Gegensatz zur klassischen Hämorrhoide durchaus schmerzhaft sind.
? Hauptsymptom des Hämorrhoidalleidens ist die Blutung. Welche Rückschlüsse kann man aus der Farbe des Blutes ziehen?
Joos: Eigentlich keine. Die Patienten kommen oft und sagen, es blutet hell, das sind wohl die Hämorrhoiden, aber das ist so nicht richtig. Dass es bei einer oberen gastrointestinalen Blutung hinten hell rauskommt, ist zwar die absolute Ausnahme. Aber man kann auch nicht sagen: Es blutet hell, also ist es auf jeden Fall eine Hämorrhoide oder eine Fissur. Die Farbe des Blutes ist immer nur ein Anhaltspunkt und ersetzt nicht die Diagnostik.
? Wie kommt es zum Hämorrhoidalleiden? Liegt es wirklich am Pressen?
Joos: In histologischen Untersuchungen hat man herausgefunden, dass es bei Patienten mit Hämorrhoidalbeschwerden offensichtlich zu Zerreißungen an der Aufhängevorrichtung der Hämorrhoiden kommt. Wenn man sehr mechanistisch denkt, könnte man natürlich konstruieren, dass es ein Problem sein könnte, wenn der Patient jeden Tag eine halbe Stunde auf der Toilette sitzt und feste drückt. Es gibt aber durchaus Menschen, die beim Stuhlgang gerne ein bisschen Zeitung lesen oder mit dem Handy spielen, aber nicht unbedingt ein Hämorrhoidalleiden bekommen. Hochwertige Studien dazu, ob häufiges Pressen, zu langes Sitzen oder auch Stuhlveränderungen die alleinige Ursache sind, gibt es nicht.
? Die Empfehlung, nicht zu lange auf dem Klo zu sitzen, ist demnach gar nicht gesichert?
Joos: Die Studienlage hierzu ist einfach nicht gut, allenfalls Evidenzlevel IV. Aber wenn ein Patient bereits mit einem Hämorrhoidalleiden in die Praxis kommt, kann man ihm eben schon guten Gewissens raten, die Zeit auf der Toilette zu verkürzen. Zusätzlich sollte man aber auch auf eine Stuhlregulation hinwirken; beides zusammen ist sicher nicht falsch.
? Wie sollte der Stuhl beschaffen sein, damit der Patient nicht zu sehr drücken muss?
Joos: Viele denken, ein weich-breiiger Stuhl wäre das Optimum. Das stimmt aber nicht. Eigentlich soll der Stuhl zwar nicht hart, aber doch fest geformt sein, sodass sich der Enddarm vernünftig füllt und der Stuhl ohne großes Pressen am Stück entleert werden kann. Ist der Stuhl zu breiig, entleert sich der Enddarm oft nicht komplett. Der Patient hat dann das Gefühl, es wäre noch was drin, was zum Nachpressen verleitet.
? Mit welchen Ernährungsmaßnahmen erzielt man einen fest geformten Stuhl?
Joos: Eine Ernährungsumstellung ist meist nicht zielführend. Zunächst muss man immer eine Laktose- oder Fruktoseintoleranz ausschließen. Was in der Regel am schnellsten zum Ziel führt, sind Flohsamenschalen. Diese werden nicht aufgenommen, nicht verstoffwechselt und es gibt keinen Gewöhnungseffekt. Wenn der Patient die Flohsamenschalen regelmäßig in der richtigen Dosierung einnimmt, wird der Stuhl in den allermeisten Fällen so, wie er eigentlich sein soll.
? Würden Sie Venenmittel wie die häufig verabreichten Flavonoide empfehlen?
Joos: In Deutschland sind diese ja gar nicht zur Behandlung von Hämorrhoiden zugelassen. Zu den Flavonoiden gibt es zwar eine Reihe von prospektiven randomisierten Studien. Diese sind jedoch, was die Durchführung angeht, oft nicht sehr aussagekräftig. Grundsätzlich sind Hämorrhoiden ja per Definition keine Venen, sondern arteriovenöse Gefäße. Daher ist schon vom Wirkmechanismus her eigentlich kein großartiger Effekt zu erwarten. In die Leitlinie haben wir sie unter anderem deshalb aufgenommen, weil sie in Österreich und in der Schweiz zugelassen sind. In Deutschland wäre es jedoch ein Off-Label-Use, für den es aus unserer Sicht überhaupt keinen Grund gibt.
? Viele Patienten holen sich rezeptfrei diverse Hämorrhoidalia in Form von Cremes, Salben und Suppositorien aus der Apotheke. Wie sinnvoll sind diese?
Joos: Letztlich ist das nur eine symptomatische Therapie. Wenn zum Beispiel Juckreiz vorhanden ist, wird dieser natürlich gelindert. Der Effekt ist jedoch immer nur begrenzt, weil diese Art der Behandlung nicht kausal ist und weil sie auch nicht allen Patienten hilft. Von daher würden wir Hämorrhoidalia als Therapie eher nicht empfehlen.
Das Interview führte Dr. Elke Oberhofer.
Author information
Consortia
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Springer Medizin. „Das Optimum ist ein fest geformter Stuhl“. hautnah dermatologie 35, 60 (2019). https://doi.org/10.1007/s15012-019-3194-2
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s15012-019-3194-2