_ Niemand spricht gerne darüber und doch sind sie allgegenwärtig: sexuell übertragbare Erkrankungen („sexual transmitted infections“; STI). Jeden Tag stecken sich weltweit über eine Million Menschen mit einer Geschlechtskrankheit an, wie aus einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hervorgeht. Pro Jahr geht die WHO von insgesamt rund 376,4 Millionen Neuinfektionen unter 15- bis 49-Jährigen mit den bakteriellen/parasitären STI Chlamydiose, Trichomoniasis , Gonorrhö (Tripper) und Syphilis aus, wobei Trichomonaden- und Chlamydien-Infektionen mit Abstand am häufigsten auftreten [Jane Rowley et al. Bulletin of the World Health Organization; Article ID: BLT.18.228486. 2019; https://bit.ly/2Kz7fOj]. Die Daten wurden im Jahr 2016 erhoben und liegen in ihrer Gesamtzahl an Neuinfektionen um 5 % höher als bei der letzten Schätzung im Jahr 2012. Virusinfektionen (z.B. HIV, Hepatitis B, Herpes und humanes Papillomavirus) wurden für beide Schätzungen nicht berücksichtigt.

Die Epidemiologin und Co-Autorin des WHO-Berichts Dr. Melanie Taylor sprach auf einer Pressekonferenz der WHO von einer stillen und gefährlichen Epidemie — weltweit. Sie warnte im Falle von unbehandelten STI vor schwerwiegenden Folgen wie neurologischen und kardiovaskulären Problemen, Unfruchtbarkeit, Todgeburten oder dem Tod von Neugeborenen. Allein durch Syphilis sei es im Jahr 2016 zu schätzungsweise 200.000 Totgeburten oder Todesfällen von Neugeborenen, so Taylor. Zwar ließen sich bakterielle/parasitäre STI heilen, doch entwickeln viele Menschen keine oder erst sehr spät Symptome und zwischenzeitlich unbemerkt weitere Menschen infizieren.

Die WHO empfiehlt, offen über Sexualität und sexuelle Gesundheit zu reden. Zudem sei ein verbessertes Krankheitsscreening gerade in Entwicklungsländern notwendig. Entscheidend hierfür seien bessere Präventionsmaßnahmen, erschwingliche Tests (Point-of-Care-Diagnostika), Impfstoffe und frühzeitig einsetzende Therapien.

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Dr. Peter Salama, WHO-Direktor für flächendeckende Gesundheitsversorgung warnte: „Dies ist ein Weckruf. Wir brauchen gemeinsame Anstrengungen, damit jeder Mensch überall Dienste in Anspruch nehmen kann, um diesen beeinträchtigenden Krankheiten vorzubeugen und sie zu behandeln.“