Die Bundesregierung hat am 15. Mai 2019 den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs verabschiedet, der dem Abmahnmissbrauch, wie ihn auch Praxischefs beispielsweise zu Angaben auf ihrer Website schon erlebt haben, den Garaus machen soll. Über die Wirkkraft des Gesetzes gehen die Meinungen indes auseinander.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zum Beispiel begrüßt den Kabinettsbeschluss zur Stärkung des fairen Wettbewerbs. Das Gesetz verspreche, Abmahnmissbrauch zu verhindern, ohne aber insbesondere beim Datenschutz die Rechtsdurchsetzung zu erschweren. Der Gesetzentwurf sehe vor, missbräuchliche Abmahnungen gezielt zu verhindern.

Er gestatte es aber weiterhin, Datenschutzverstöße wirksam zu unterbinden, hebt der vzbv in einer Mitteilung hervor. „Unseriöse Geschäftsmodelle, die nur darauf abzielen, mit Datenschutzabmahnungen Geld zu verdienen, werden sich damit künftig nicht lohnen. Wichtig ist jetzt, dass der Kompromiss im Gesetzgebungsverfahren nicht aufgeweicht wird“, verdeutlicht vzbv-Vorstand Klaus Müller.

Wer überwacht die Einhaltung des Gesetzes?

Für den auf Internet-und Wettbewerbsrecht spezialisierten Rechtsanwalt Prof. Niko Härting sind niedergelassene Ärzte mit dem neuen Gesetz aber noch lange nicht aus dem Schneider. Härting weist darauf hin, dass es in Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern keine Behörde gebe, die die Einhaltung des Gesetzes überwache. Das sei eine deutsche Besonderheit. Und für Ärzte relevant: Die Landesärztekammern sind dafür ebenfalls nicht zuständig.

„Das neue Gesetz wird für Ärzte nichts ändern“, resümiert Härting, der auch Mitglied des Informationsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins ist. Auf die nach Inkrafttreten der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) zum 25. Mai vergangenen Jahres von der Kassenärztliche Vereinigung (KV) Bremen beobachtete Abmahnwelle insbesondere im Zusammenhang mit angeblich fehlerhaften Datenschutzerklärungen auf der Praxiswebsite oder dem Facebook-Auftritt angesprochen, weist Härting darauf hin, dass es sich dabei wahrscheinlich in mindestens 90 % der Fälle um missbräuchliche Abmahnungen gehandelt haben müsse, die jeder Rechtsgrundlage entbehrten. „Solche Aktionen wird es auch unter der neuen Rechtslage geben“, ist sich Härting sicher.

Bei Abmahnung rechtlichen Rat suchen

Praxischefs rät der Rechtsanwalt, einen Anwalt zu konsultieren, sobald eine Abmahnung in die Praxis kommt. Darüber hinaus sollten keine von den Abmahnern geforderten Zahlungen an Dritte geleistet und auch nichts unterschrieben werden. Würden indes Angaben auf der Praxiswebsite moniert, könnten diese gegebenenfalls korrigiert werden.

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Im Falle einer DSGVO-Abmahnung sollten Praxischefs juristischen Beirat einholen.

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Wie Härting erläutert, können Ärzte natürlich auch Ziel seriöser Abmahnungen sein — allerdings müsse es dabei um wettbewerbsrechtliche Angelegenheiten gehen und der Mandant des abmahnenden Anwaltes aus der Gesundheitsbranche stammen und um dieselben Patienten werben.

Zwar blieb die große, im Vorfeld der DSGVO befürchtete Abmahnwelle laut jüngstem Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz (BfDI) Ulrich Kelber aus, Härting rät Ärzten dennoch, die Vorgaben der Verordnung ernst zu nehmen und in Praxisbetrieben mit mehr als zehn Beschäftigten (es zählt die Kopfzahl inklusive Praxisinhaber) einen Datenschutzbeauftragten zu benennen.