Allein in Deutschland erkranken jährlich über 20.000 Menschen an einem malignen Melanom, was für etwa 1 % aller Krebstodesfälle verantwortlich ist. Und das, obwohl für Hautkrebs, sofern frühzeitig erkannt, sehr hohe Heilungschancen bestehen. „Eine Früherkennung rettet Leben“, betonte Dr. Peter Mohr, Buxtehude, der ein flächendeckendes und regelmäßiges Hautkrebsscreening als gerechtfertigt sieht. Doch „welche Evidenz haben wir zur Effektivität des Screenings?“, fragte Prof. Alexander Katalinic, Lübeck. Wichtig sei, die Wirksamkeit der Ganzkörperuntersuchung zu beurteilen und ob die hautkrebsspezifische Morbidität und Mortalität tatsächlich gesenkt werden können. Ebenso wichtig sei die Frage nach dem Schadenspotenzial häufiger Untersuchungen.

In einer Übersichtsarbeit der Universität Lübeck [Brunssen A et al. J Am Acad Dermatol. 2017; 76:129–39] konnte ein Zusammenhang zwischen dem Screening und einer reduzierten Inzidenz für dicke Melanome sowie einem konsistenten Rückgang der Mortalität dokumentiert werden — jedoch mit sehr niedrigem Evidenzlevel. Anhand von Daten einer weiteren Studie konnte die Entdeckung von Melanomen in Abhängigkeit von Risikofaktoren beschrieben werden. Dabei ist besonders spannend, dass junge Menschen (20–34 Jahre) mit Risikofaktor ein deutlich höheres Melanomrisiko als alte Menschen (≥ 65 Jahre) ohne Risiko haben, so Katalinic [Hübner J et al. Eur J Cancer Prev. 2018; http://doi.org/ct4r]. Dies spricht für die Notwendigkeit eines risikoadaptiertes Screening, betonte der Krebsepidemiologe.

In einer Follow-up-Studie wurden Patienten, die am Hautkrebsscreeningprogramm SCREEN teilnahmen, fünf Jahre nachverfolgt. Die Anzahl der beobachteten Melanomtodesfälle war in der Screeningkohorte um 40 % niedriger als erwartet [Eisemann N et al. J Med Screen. 2018; 25: 166-8].

Katalinic bemängelte, dass hinsichtlich des Hautkrebsscreenings hauptsächlich Beobachtungsstudien vorlägen, aus denen sich kein hohes Evidenzlevel ergibt. Wünschenswertes Studienmodell wäre ein randomisiertes kontrolliertes Setting zum Melanomscreening. In Deutschland sei dies jedoch, auch aufgrund fehlender Kassenleistung, nicht möglich. Als realisierbares und gleichzeitig „dringend nötiges“ Studienmodell zur Frage nach der Wirksamkeit des Hautkrebsscreenings, insbesondere der Mortalität, sieht Katalinic Fall-Kontroll-Studien und verwies zuversichtlich auf das bereits stehende Studienprotokoll der PiKoM-Studie der Universität Lübeck.

Neben der Mortalität sei auch die Morbidität ein wichtiger Parameter, so Mohr. „Wir haben es verpasst, Morbidität beim Hautkrebsscreening zu adressieren“, bemängelte er; Mohr hält es für essenziell, diese für die Dermatologie zu definieren — für alle Krebsarten. Ebenso erforderlich sei eine kontinuierliche Weiterbildung der Ärzte. Das Onlinemodul „Hautkrebs-Screening“ des Deutschen Ärzteverlags sei eine erste sinnvolle Fortbildungsmaßnahme, doch müsse das Training grundlegend umstrukturiert werden. Mohr verwies zudem auf den Trend zur Automatisierung des Screenings mittels neuronaler Netzwerke. „Solche Zukunftsprojekte sollten rechtzeitig in Evaluationsstrategien eingeführt werden“ und könnten eine Früherkennung langfristig gesehen besser und günstiger machen. Bis es soweit ist, muss das Screening bei den Dermatologen und Hausärzten durchgeführt werden — mit einer verbesserten Dokumentation, so Mohr. Hierzu gebe es eine Änderung der Krebsfrüherkennungsrichtlinie, die zum 1. Januar 2019 in Kraft treten werde.