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Markenzeichen Vitiligo: Das kanadische Model Winnie Harlow

© Nathan Denette / AP Photo / picture alliance

Michael Jackson war wohl bislang der berühmteste Mensch mit der Diagnose auf Vitiligo. Aber niemand machte so prominent auf diese „Krankheit“ aufmerksam wie die Kanadierin Chantelle Brown-Young.

Aufgewachsen im Ghetto von Toronto, musste sie in jungen Jahren Spitznamen wie „Kuh“ oder „Zebra“ einstecken. Ihr Traum von einer Model-Karriere blieb davon unberührt. In einer Welt, in der äußere Ebenmäßigkeit als Gradmesser für Schönheit gilt, wandte sie ihr Alleinstellungsmerkmal ins Positive. Ungewöhnlich ist in ihrem Fall die nahezu symmetrische Ausprägung der Pigmentstörung, was der „Krankheit“ eine zusätzliche ästhetische Dimension verleiht.

Die Show- und Modebranche erkannte schnell das Potenzial des Außergewöhnlichen — und greift schon mal zu plakativen Mitteln der Inszenierung, etwa wenn das Model in JMSN‘s Musikvideo „The One“ spärlich bekleidet auf einem gefleckten Pferd posiert. Unter dem Künstlernamen Winnie Harlow machte Chantelle schnell Karriere: Im Jahr 2014 war die 19-Jährige als Kandidatin in Tyra Banks‘ Show „America‘s Next Top Model“ zu sehen, im selben Jahr buchte sie der Designer Ashish für die Fashion Week in London, kurz darauf machten die Modelabel Diesel und Desigual Harlow zum Mittelpunkt ihrer Kampagnen.

Weiß vor Stress?

„Blass vor Angst“, „weiß vor Schreck“: Keine Frage, seelische Zustände lassen sich am Äußeren des Menschen ablesen. Die meist dauerhafte Depigmentierung bei Vitiligo kann Haut, Schleimhäute und sogar Haare betreffen. Zurückgeführt wird sie auf autoimmune Zerstörung oder Blockierungen der Melanozyten. Stress, starke UV-Belastung oder mechanische Hautschädigung gelten als mögliche Ursachen für Erstmanifestationen.

Dämonisierung

Weltweit sind etwa 0,5 bis 2 % der Menschen von Vitiligo betroffen — dies entspricht der Prävalenz in Deutschland. Manche Kulturen stigmatisieren die Erkrankten als ansteckend oder als Ausdruck des Bösen. In Indien, wo teilweise bis zu 20 % der Bevölkerung betroffen sind, wird Vitiligo fälschlicherweise oft als Lepra gedeutet. Trotz seiner „Krankheit“ wurde der indische Schauspieler Amitabh Bachchan zum nationalen Star.

Michaela DePrince wurde 1995 während des Bürgerkriegs in Sierra Leone geboren und verlor beide Eltern. Weil sie die für Vitiligo typischen Flecken aufwies — in ihrer Heimat ein Beweis dafür, dass der Betreffende vom Teufel gezeichnet ist — brachte ihr Onkel sie im Waisenhaus unter, wo sie als „Teufelskind“ unter Misshandlungen zu leiden hatte. Als sie auf einem Zeitschriftencover das Foto einer Ballerina sah, stand ihr Berufswunsch fest. Kurz darauf wurde sie von einer amerikanischen Familie adoptiert; sie absolvierte ihre Ausbildung an der Rock School for Dance Education in Philadelphia und der Jacqueline Kennedy Onassis School am American Ballet Theatre.

Bekannt wurde Michaela durch den Ballett-Dokumentarfilm „First Position“; 17-jährig wurde sie jüngstes Mitglied der Company des Dance Theatre of Harlem. Seit 2014 tanzt sie im Ensemble des Het Nationale Ballet in Amsterdam — seit 2016 als Solotänzerin.