Die Onychomykose zählt zu den am schwierigsten zu behandelnden Infektionskrankheiten. Der Nagel enthält keine Blutgefäße und hat somit keinen Zugang für das Immunsystem, welches folglich auch nicht aktiviert werden kann. Es entsteht keine Immunität, die Infektion kann jederzeit wiederkehren. Der Schlüssel zum Therapieerfolg liegt demzufolge darin, die Pilze abzutöten. Sie sind die spezifische Ursache der Infektion, begünstigt durch eine Vielzahl von Umständen, wie Trauma, Sport, ein verlangsamtes Nagelwachstum, Alter und Krankheiten, die man in der Regel kaum beeinflussen kann. Das größte Problem sind die im Nagelbett schlummernden Pilzsporen (Abb. 1), die unter günstigen Umständen wieder auskeimen, virulente Hyphen bilden und den Nagel erneut zerstören können.

Abb. 1:
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Verschiedene Sporenarten. Scopulariopsis brevicaulis (a) mit echten Sporen (b), dickwandige Chlamydosporen und massenhaft Hefezellen (Blastosporen) von Candida albicans (c), dünnwandige Chlamydosporen von Epidermophyton floccosum (d).

© Hans-Jürgen Tietz

Spore ist nicht gleich Spore

Der große Pathologe Rudolf Virchow (1821–1902) verwendete nicht nur als Erster den Begriff Onychomykose. Ihm verdanken wir auch die Entdeckung von mannigfaltigen Sporen in pilzinfizierten Nägeln. „Die linsengroße Masse“, „umgeben von einer Epidermiskapsel“, „voll von Sporen“, bezeichnete er als Dermatophytom [1]. Derartige Gebilde sind auch heute noch eine große Herausforderung in der Onychomykosetherapie (Abb. 2).

Abb. 2:
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Dermatophytom vor und nach der Therapie mit Harnstoffpaste 40 % (NRF 11.30), zwei Wochen täglich zur Nacht, morgens Ciclopoli®-Lack, dieser danach täglich zur Nacht bis zur klinischen Heilung und prophylaktisch darüber hinaus.

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Es gibt zwei Arten von Erregersporen: zum einen infektiöse Sporen, die der Vermehrung und Verbreitung der Erreger dienen, zum anderen resistente Sporen, die das Überleben unter widrigen Lebensumständen ermöglichen. Klinisch relevant sind vor allem die Dauerformen, welche im Körper entstehen und dort leben können. Ihre Präsenz erklärt, weshalb einige Mykosen so hartnäckig und therapierefraktär sind. Markante Beispiele sind die Onychomykose durch Trichophyton rubrum und die Vaginalmykose durch Candida albicans, bei der es im infizierten Gewebe zur Bildung von Endosporen (Abb. 3) und Chlamydosporen kommt (Abb. 4). In beiden Fällen dient die Spore dem Überleben des Erregers und der Erneuerung der Infektion.

Abb. 3:
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Zwei-Phasen-System des häufigsten Onychomykose- Erregers Trichophyton rubrum: Zwei Dauerformen (Endosporen) und nagelpathogene Hyphen im Nagelbett. Fluoreszenzmikrokopische Untersuchung.

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Sporen, die in der Umwelt und im Gewebe siedeln, somit dem Erreger die Existenz innerhalb und außerhalb des Körpers sichern, werden als echte Sporen bezeichnet. Markante Beispiele stammen aus der Bakteriologie: Die Sporen der Bazillen (wie der Erreger des Milzbrandes) und der Clostridien (wie die Erreger des Tetanus und des Gasbrandes) können Jahrhunderte überleben. Dieses Phänomen gibt es auch bei Pilzen. Bei der Onychomykose sind es die Endosporen von T. rubrum, die auch morphologisch denen der Bakterien ähneln. Das Zwei-Phasen-System von T. rubrum ist in Abb. 3 dargestellt. Es besteht aus hitzeresistenten, wasserarmen Endosporen und daraus auskeimenden nagelpathogenen Hyphen. Wenngleich sie nicht ganz so robust sind wie die bakteriellen, ermöglichen die Sporen dieses Erregers ein Überleben von -20° bis 80°C. Es ist sicher kein Zufall, dass der „Rote Pilz“ von der Roten Armee bei strengem Winter nach Mitteleuropa eingeschleppt wurde und heute auch im warmen Afrika die Nr. 1 unter den Onychomykose-Erregern ist. Die nicht pigmentierten Sporen sind nicht nur gegen Wärme, Kälte und Trockenheit resistent, offenbar auch gegen Licht und Laser [2].

Sporozide Wirkstoffe

Da es für den Erfolg einer Therapie wichtig ist, was man unter einer Spore versteht und womit man sie behandelt, sei auf eine Publikation von Seidl et al. hingewiesen [3]. Diese vermittelt den Eindruck, als würden Substanzen wie Terbinafin oder Amorolfin sporozid wirken. In der Studie wurde jedoch der Einfluss dieser Wirkstoffe nur auf Blastosporen von C. albicans, Chlamydosporen von Epidermophyton floccosum sowie Mikrokonidien von T. rubrum getestet und den Präparaten aufgrund ihrer Wirksamkeit eine sporozide Wirkung attestiert. Das ist irreführend, da es sich nicht um echte Sporen handelt, die umwelt- oder medikamentenresistent sind und damit Probleme in der Therapie bereiten, sondern um gut empfindliche Vermehrungsformen. Die Arbeit verschleiert somit den Unterschied zwischen robusten Dauer- und sensiblen vegetativen Formen. Die Blastosporen von C. albicans sind zudem gar keine Sporen, sie heißen nur so. Es handelt sich um die Hefeform des Erregers, aus der durch Sprossung eine Tochterzelle entsteht, die wiederum gegenüber vielen Antimykotika empfindlich ist — anders als die Chlamydosporen des Erregers, die mit ihrer doppelwandigen Hülle nicht nur echte Sporen sind, sondern als Dauerform auch im Körper persistieren können und für dessen Hartnäckigkeit berüchtigt sind (Abb. 4). Geprüft wurden sie in dieser Arbeit jedoch nicht. Stattdessen wurden die Chlamydosporen von E. floccosum untersucht, die ihrerseits nur auf Nährböden entstehen, damit Kunstprodukte sind, keine klinische Relevanz besitzen und aufgrund ihrer dünnen Wand auch ohne Antimykotikum leicht zerfallen. Der Keim ist zudem kein Erreger der Onychomykose. Auch Mikrokonidien sind keine Dauerform, keine echte Sporen. Sie dienen der Übertragung der Erreger. Korrekt wäre zu sagen, auf welche Sporenart eine Substanz wirkt. Dieser Idee folgend, sind Terbinafin und Amorolfin bestenfalls blastosporozid und nicht echt sporozid, wie die zitierte Arbeit suggeriert. Wobei selbst am blastosporoziden Effekt dieser Substanzen gezweifelt werden darf, da es aufgrund der geringen In-vivo-Wirksamkeit auch keine Vaginalprodukte mit diesen Wirkstoffen gibt.

Abb. 4:
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Chlamydosporen von Candida albicans im Gewebe um einer Hormonspirale (PAS- Färbung).

© Hans-Jürgen Tietz

Sporozide Therapie

Die Beseitigung der Pilzporen im Nagelbett ist ein notwendiger und unverzichtbarer Bestandteil der Onychomykosetherapie. Sie ist jedoch an Bedingungen geknüpft: Die Substanz muss an den Ort der Sporenbildung gelangen und in der Lage sein, innerhalb der Spore wirksam zu werden. Beides ist nicht nur galenisch (wie weiter unter ausgeführt wird), sondern auch vom Wirkansatz her möglich. Denn die Spore von T. rubrum ist nur scheintot. Sie bietet, obwohl auf Sparflamme, mehrere Angriffspunkte. Hierzu gehören die RNA-Synthese, die Mitochondrien und das Enzym Katalase. Wird es gehemmt, kann die Spore nicht mehr das für sie tödliche H2O2 abbauen und stirbt ab. Dieser Mechanismus ist ein Alleinstellungsmerkmal von Substanzen wie Ciclopirox [4] oder 5-Flucytosin unter den systemischen Antimykotika [5]. Präparate, die nur auf Ebene der Zellwand- oder Ergosterol- Synthese wirken, haben diese Wirkmechanismen nicht. Sie greifen in der Wachstumsphase der Erreger an, den Hyphen. Einen potenziellen, noch nicht geprüften sporiziden Wirkeffekt scheint der tRNA-Synthetase-Hemmer Tavaborol zu besitzen. Der Effekt beruht auf der selektiven Hemmung der Proteinsynthese durch Hemmung der Leucyl-tRNA-Synthetase [6]. Bislang ist die Substanz aber erst in den USA zugelassen, bei Infektionen durch T. rubrum und T. mentagrophytes [7].

Der Unterschied zwischen einer echt sporoziden und pseudo- sporoziden Substanz wird am Beispiel des Sporenbildners Scopulariopsis brevicaulis deutlich (Abb. 5).

Abb. 5:
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Octopirox (a) und Terbinafin (b) in ihrer Wirkung beziehungsweise Nichtwirkung gegen den Sporenbildner Scopulariopsis brevicaulis im Agar-Diffusionstest.

© Hans-Jürgen Tietz

Klinische Langzeitbeobachtung

Auch die klinische Erfahrung zeigt, dass eine nachhaltige Heilung einer Onychomykose oft nur dann entsteht, wenn der Erreger und dessen Sporen beseitigt werden. Lag die Rezidivrate ohne sporizide Behandlung in einer eigenen retrospektiven Langzeitstudie zwei Jahre nach Ende der Therapie bei 41,4 %, verringerte sich dieses Risiko mit dem Wirkstoff Ciclopirox, unter Verwendung der Lacke Nagel Batrafen® und Ciclopoli® gegen Nagelpilz, auf 24,5 % beziehungsweise 10,5 % (Tab. 1). Die Patienten wurden vor der Lacktherapie mit 40%igem Harnstoff und einer gleichzeitigen systemischen Low-Dose-Therapie mit einer Dosis pro Woche Fluconazol 200 mg oder Terbinafin 250 mg behandelt. Der Befall war mit mehr als zwei Drittel der Nageloberfläche jeweils schwer.

Neue Galenik

Bei einer langzeitigen retrospektiven Studie sind verschiedene Einflussfaktoren zu berücksichtigen, zu denen vornehmlich Fortschritte in der Galenik gehören. Deutlich wird dies am signifikanten Unterschied zwischen Nagel Batrafen® und Ciclopoli®-Lack. Da sich die Sporen auch im Nagelbett befinden, muss die sporozide Substanz, die in beiden Formulierungen die Gleiche ist, dorthin gelangen und die Barriere des Nagelkeratins überwinden können. Hier bietet der wasserlösliche Ciclopoli®-Lack eine entscheidende galenische Verbesserung, was auch in der Studie von Baran deutlich wurde, die dieser Formulierung eine ebenfalls doppelt höhere Wirkung attestierte [8]. Ciclopoli® gegen Nagelpilz besitzt erstmals ein Transportsystem, das Hydroxypropylchitosan (HPCH). Dieses Biopolymer, hergestellt aus Chitin des Panzers von Krabben, bildet einen wasserlöslichen Film auf dem Nagel und interagiert gleichzeitig über Wasserstoffbrücken und andere nicht kovalente Bindungen mit dem Nagelkeratin. Mithilfe des Transportmittels HPCH kann der Wirkstoff tief in den Nagel eindringen, wo sich die Hyphen und Sporen der Erreger befinden. Ein vorheriges Abtragen der infizierten Nagelmasse mit 40%iger Harnstoffsalbe verkürzt den Weg zum Nagelbett zusätzlich.

Zweifache Signifikanz

Die Wasserlöslichkeit des neuen Lackes und das Transportsystem der sporoziden Substanz führten zu signifikanten Unterschieden zwischen Ciclopoli® gegen Nagelpilz und Nagel Batrafen®. Eine hohe Signifikanz in der Rezidivhäufigkeit war auch zwischen den beiden sporoziden Lacken und den nicht sporoziden Therapien messbar (Tab. 1). Da beide Lacke den gleichen Wirkstoff besitzen, zeigen die Unterschiede, analog zur Studie von Baran, wie wichtig die Galenik eines Lackes ist. Vernachlässigt werden kann sicher, dass sich ein Teil der Patienten neu angesteckt haben dürfte, was heute mithilfe genetischer Verfahren nachgewiesen werden könnte. Der markante Unterschied zwischen einer sporoziden gegenüber einer nicht sporoziden Therapie bleibt davon jedoch unberührt, da der Anteil endogener und exogener Rezidive in beiden Gruppen etwa gleich hoch gewesen sein dürfte. Die Überlegenheit beider Lacke gegenüber anderen Therapien zeigt, dass ein sporozider Wirkeffekt offenbar der Schlüssel zu einem nachhaltigen Heilerfolg ist.

Tab. 1: Einfluss von sporozider und nicht sporozider Behandlung auf die Rezidivquote der Onychomykose, gemessen jeweils zwei Jahre nach Ende der Therapie

Fazit

Die Beseitigung der Pilzsporen ist das Fundament jeder Onychomykosetherapie. Eine sichere Methode, um einen nachhaltigen Heilerfolg zu erreichen, ist das schmerzfreie Abtragen der vom Pilz geschädigten Nagelmasse mit einer 40%igen Harnstoffsalbe in Eigenregie des Patienten, die nachfolgende langfristige sporozide tägliche Therapie mit einem wasserlöslichen Nagellack und bei schwerem Befall eine zusätzliche, gut verträgliche, innere Therapie mit einer Dosis Itraconazol, Fluconazol oder Terbinafin pro Woche, bis der Nagel klinisch gesund herausgewachsen ist, gefolgt von einer prophylaktischen sporoziden Lacktherapie, einmal pro Woche [9].

Zusammenfassend ergibt sich das folgende Resümee: Keine systemische Therapie ohne Lokalbehandlung, keine Lokalbehandlung ohne sporoziden Wirkstoff. Auf diese Weise ist die Onychomykose nachhaltiger heilbar denn je.