Patientenbeschwerden kommen hin und wieder in jeder Arztpraxis vor. Wer unvorbereitet in eine Beschwerdesituation gerät, steht dem verärgerten Patienten oft unsicher oder hilflos gegenüber. Mit der richtigen Gesprächsführung gelingt es aber in vielen Fällen, derartige Situationen professionell zu meistern. Wichtigster Punkt hierbei: Werten Sie die Beschwerde nicht automatisch als Angriff auf die eigene Person. Sehen Sie es vielmehr als Chance, dass der Patient seine Unzufriedenheit offen ausspricht und nicht einfach kommentarlos zu einer anderen Arztpraxis wechselt. Gleichzeitig ist jede Beschwerde auch eine wertvolle Rückmeldung zur Verbesserung der Qualität und des Service in der Arztpraxis.

Zuhören und ausreden lassen

Wie also vorgehen? Der Patient sollte die Chance haben, seine Beschwerde vollständig zu schildern. Lassen Sie ihn daher ausreden. Zeigen Sie Verständnis für die Verärgerung durch ein gelegentliches Nicken oder die Bemerkung „Ich verstehe“. So fühlt sich der Patient ernst genommen. Erst wenn er ausgeredet hat, sollten selber Fragen gestellt und bestenfalls auch eine Lösung angeboten werden. Bei berechtigten Beschwerden sollten Sie sich beim Patienten für den Fehler entschuldigen.

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Es kommt vor, dass Patienten ihren Ärger sehr lautstark vortragen, und andere Patienten dadurch auf die Beschwerde aufmerksam werden. Die Bitte, etwas leiser zu sprechen, hat bei diesem emotionalen Patiententyp meist keinen Erfolg. Hier empfiehlt es sich, den Patienten in einen getrennten Raum zu bitten. Durch das Hinzuziehen einer weiteren Person versachlicht sich außerdem die Diskussion häufig sehr schnell.

Beschwerden bearbeiten und lösen

Beschwerden sollten stets mit einer für den Patienten zufriedenstellenden Lösung enden. Sie können entweder selbst einen Vorschlag anbieten oder den Patienten fragen, wie aus seiner Sicht eine akzeptable Lösung aussehen würde. Der Patient sollte dabei nicht das Gefühl haben, dass ihm damit „großzügig“ ein Gefallen getan wird. Aus seiner Sicht ist die Bearbeitung der Beschwerde ja keine Kulanzlösung, sondern sein gutes Recht. Deshalb sollte man auch auf gönnerhafte Äußerungen wie „Das machen wir aber nur ausnahmsweise!“ verzichten.

Jede Beschwerde sollte nach der Bearbeitung in der Praxis dokumentiert werden, auch wenn es einige Minuten Zeit kostet. Dazu kann entweder ein Beschwerdeformular oder ein Beschwerdebuch eingesetzt werden, in dem die Angelegenheit mit wenig Zeitaufwand stichwortartig festgehalten wird. In der nächsten Mitarbeiterbesprechung können die Reklamationen im Sinne von Qualitätsverbesserung diskutiert werden. Dabei sollte überprüft werden, was im Einzelfall gut oder schlecht gelaufen ist, wie die bestmögliche Lösung ausgesehen hätte und wie derartige Situationen künftig vermieden werden können.

Unzufriedene Patienten machen ihren Ärger oft in ihrem Umfeld oder in Internetforen publik — und so negative Mund-zu-Mund-Propaganda. Wurde eine Beschwerde kulant behandelt, berichtet der Patient aber auch darüber und der ursprüngliche Anlass führt vielleicht sogar zu einer positiven Weiterempfehlung, weil die Arztpraxis als besonders patientenfreundlich dargestellt wird.

Jedes Praxisteam sollte eine einheitliche Vorgehensweise festlegen, wie generell mit unzufriedenen Patienten umzugehen ist, damit es nicht dem Zufall überlassen wird, wie einzelne Mitarbeiter auf Beschwerden reagieren. Ein einheitlicher Beschwerdestandard vermeidet vor allem instinktive oder emotionale Reaktionen und hilft, Beschwerden sachlich zu behandeln. Solche Verhaltensregeln könnten wie folgt aussehen:

  • Patienten ausreden lassen

  • Für den Hinweis bedanken

  • Verständnis und Bedauern ausdrücken (gegebenenfalls entschuldigen)

  • Lösung anbieten oder Lösungswünsche des Patienten erfragen

  • Beschwerde bearbeiten

  • Beschwerde und Lösung dokumentieren (Formular oder Beschwerdebuch)

  • Beschwerde beim nächsten Team-meeting besprechen