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_ Prof. Thomas A. Luger, Münster, gab einen Überblick über die neuesten dermatologischen Krankheiten, die er in zwei Gruppen unterteilte: zum einen in neue Dermatosen mit weitgehend unbekanntem Pathomechanismus, zu denen meist nur deskriptive Fallbeschreibungen vorliegen, zum anderen Dermatosen, die infolge der Aufklärung des zugrunde liegenden Pathomechanismus definiert wurden.

Zur ersten Gruppe gehört die infantile transiente Kontraktion der glatten Muskulatur der Haut [Torrelo A et al. J Am Acad Dermatol. 2013;69:498–500]. Diese Protrusionen treten bei betroffenen Neugeborenen in den ersten Lebenstage oder -wochen meist an beiden unteren Extremitäten auf. Triggerfaktoren sind Kälte und/oder mechanische Reize. Histologisch zeigt sich normale Haut. Bis zum Alter von 18–24 Monaten hat sich das Phänomen komplett normalisiert. Als mögliche Ursachen werden Unreife des autonomen Nervensystems und eine transiente Überempfindlichkeit des Mentholrezeptors TRPM8, der für das Kälteempfinden verantwortlich ist, diskutiert. „Wenn man so etwas sehen sollte, braucht man nicht beunruhigt sein“, gab Luger aufgrund der Tatsache, dass sich die Befunde von alleine zurückbilden, Entwarnung.

Aplasia cutis congenita (ACC) wurde 1767 erstmals beschrieben, neu ist die Variante mit ausgedehnten intrakraniellen arteriovenösen Malformationen [Gomez et al. Pediatr Dermatol. 2015;32:e163–4]. Im beschriebenen Fall hatte ein Säugling mehrere ovale eingesunkene Areale ohne Haarwachstum auf der Kopfhaut, es gab aber keine Hinweise auf weitere Anomalien. Diese manifestierten sich erst im Alter von sieben Jahren, darunter rezidivierende halbseitige Kopfschmerzen, Orbitaödem und motorische Störungen. Im Magnetresonanztomogramm zeigten sich schließlich die ausgedehnten intrakraniellen arteriovenösen Malformationen. Luger empfahl, ACC-Patienten der Gruppe I (Kopfhaut, ohne oder nur mit isolierten Anomalien) langfristig nachzubeobachten.

Zur zweiten Gruppe zählen die vererbten periodischen Fiebersyndrome, die sich nach Entdeckung der entsprechenden Gene von den klassischen Autoimmunerkrankungen abgrenzen. In den letzten Jahren kamen einige neue Erkrankungen hinzu, darunter neuerdings die unter Cryopyrin-assoziiertem periodischen Fiebersyndrom (CAPS) zusammengefassten Varianten familiäre Kälteurtikaria (fälschlich auch als Urtikaria vaskulitis bezeichnet), Muckle-Wells-Syndrom und neonatales inflammatorisches Multiorgansyndrom (NIM). Klinisch sind die CAPS sehr heterogen, die Diagnose steht daher oft erst mit Verzögerung. Bei der familiären Kälteurtikaria ist der Auslöser Kälte wegweisend, beim Muckle-Wells-Syndrom treten die Symptome dagegen unabhängig von Kälte auf. Die Erstmanifestation ist dabei sehr variabel, Konjunktivitis und ein progressiver neurosensorischer Gehörverlust machen die Krankheit zu einer Multisystem-Erkrankung. Noch extremer ist das NIN, mit massiver ZNS-Beteiligung die schwerste Verlaufsform der CAPS. Behandelt werden können die CAPS mit den Medikamenten Anakinra, Rilonacept und Canakinumab — zwar in allen Fällen „off-label“, aber daü laut Luger mit Ansprechraten zwischen 75 % und 80 %. Die Therapie mit Anakinra und Canakinumab ist dabei bereits ab dem 8. Lebensmonat möglich.

Die wahrscheinlich bekannteste neue Hautkrankheit ist das Alpha-Gal-Syndrom, eine neuartige IgE-vermittelte Soforttypallergie, die gegen das Disaccharid Galaktose-α-1,3-Galaktose gerichtet ist. Das Syndrom präsentiert sich als Nahrungsmittelallergie nach Verzehr von Fleisch und Innereien von Säugetieren sowie als Arzneimittelallergie (u.a. gegen Cetuximab) bei einer vermuteten Sensibilisierung durch Zeckenstiche [Fischer J et al. Allergo J Int. 2016;25:55–62]. Luger empfahl, vermehrt auf verzögerte Reaktionen nach Verzehr von rotem Fleisch zu achten. Zudem seien persistierende Lokalreaktionen nach einem Zeckenbiss ein möglicher Hinweis auf das Alpha-Gal-Syndrom.