Bezüglich des in Abb. 2a gezeigten Befundes umfassten die führenden histologischen Differenzialdiagnosen eine neutrophile urtikarielle Dermatitis, eine Urtikaria sowie andere Erkrankungen aus dem Spektrum der neutrophilen Dermatosen. Die in Abb. 2b gezeigten epidermalen Veränderungen waren hiermit jedoch nicht in Einklang zu bringen und lenkten den Verdacht auf eine Dermatitis durch exogene toxische Substanzen mit sekundärer Infiltration durch neutrophile Granulozyten.

Nach Ausschluss von weiteren Differenzialdiagnosen (z. B. bullöse Iktusreaktionen, bullöser Lupus erythematodes, bullöse Staphylodermie/Impetigo) wurden die Patienten und ihre Erziehungsberechtigten mit der Verdachtsdiagnose einer Artefaktdermatitis konfrontiert. In allen Fällen wurde schließlich die artifizielle Genese der Hautveränderungen eingeräumt. Diese Hautveränderungen waren von den Jungen durch anhaltende Applikation eines Spraydeodorants mit der Folge eines Kältetraumas erzeugt worden. Ein Patient gab an, im Internet ein entsprechendes Video zur Selbstbeibringung von Kältetraumata durch Spraydeodorants gesehen zu haben.

Über eine Dermatitis artefacta durch Deospray ist in der Literatur bereits vereinzelt berichtet worden. Bei all unseren Patienten bestanden psychische Belastungssituationen, die einer Behandlung bedurften: Der 11 Jahre alte Junge litt unter der kürzlich erfolgten Trennung seiner Eltern und dem andauernden Konflikt mit dem neuen Lebenspartner der Mutter. Der 16-Jährige kam nach einem Schulwechsel nicht mit den an ihn gestellten Anforderungen zurecht und litt unter Versagensängsten.

In beiden Fällen heilten die Hautveränderungen unter topischen Kortikosteroiden teils in Kombination mit topischen Antiseptika langsam ab — teilweise unter Hinterlassung von postinflammatorischen Hyperpigmentierungen und Narben.

Zusammenfassung

Im Falle von Hautveränderungen, die eine ungewöhnliche, oft blasige Morphe aufweisen, scheinbar über Nacht entstehen sowie an gut erreichbaren Körperstellen lokalisiert sind, muss stets an eine Dermatitis artefacta gedacht werden. Überzufällig häufig sind psychische Belastungen ein Auslöser für das selbstschädigende Verhalten der zumeist jungen Patienten. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Psychotherapeuten und Psychiatern ist notwendig.