Nicht nur im Zuge der aktuellen Flüchtlingswelle treffen Ärzte auf arabische, zum Teil muslimische, Patienten. Auch sonst kommen Patienten, etwa aus dem Nahen Osten nach Deutschland, um sich hier behandeln zu lassen, weil sie das deutsche Gesundheitssystem schätzen.

Für den Umgang mit arabischen Patienten hilft es, einige Besonderheiten zu wissen, damit der Patient dem Arzt Vertrauen schenkt, bei der Therapie mitmacht und es nicht zu kulturellen Missverständnissen oder Irritationen kommt.

„Der arabische Patient kommt mit der Erwartungshaltung zum Arzt, dass er krank ist und jetzt geheilt wird. Die Mitarbeit des Patienten ist dabei meist mangelhaft“, erklärt Samir Iranee, Trainer für interkulturelle Kompetenz für den arabischen Raum und Arabischlehrer in Frankfurt.

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Arabischer Patient: Hier ist ärztlicherseits Fingerspitzengefühl gefragt.

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Small-Talk lockert Atmosphäre auf

Schon beim ersten Treffen von Arzt und Patient komme es oft zu kulturellen Missverständnissen: „Mich hat immer der sachliche Umgang der deutschen Ärzte geärgert“, berichtet Iranee von seinen eigenen ersten Erfahrungen, „für mich ist ein Arztbesuch eine Stresssituation und mit Unsicherheiten verbunden.“

Bei arabischen Patienten sei es deshalb von Vorteil, wenn der Arzt am Anfang ein wenig Small-Talk betreibt. Hier erfährt der Arzt in den meisten Fällen schon viel über den Patienten und sein Leiden. Den Patienten ein wenig erzählen lassen, ihn nicht unterbrechen, das zahle sich aus, so Iranee.

Wenn der Patient kein oder nur wenig Deutsch spricht, ist es wichtig, auf dessen Kosten einen Dolmetscher hinzuzuziehen. „Familienmitglieder sind dabei allerdings nicht die beste Wahl, weil sie nicht immer alle Informationen weitergeben, um etwa den Patienten zu schützen. Eine gemeinsame Sprache ist aber die Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung.“

Blutentnahme als Belastungsprobe

Ein großes Problem stelle für viele arabische Patienten die Blutentnahme dar, weiß der Trainer. Was für einen deutschen Patienten zur Routine gehört, löst bei arabischen Patienten Ängste aus, betont er.

„Wenn ein arabischer Patient Blut sieht, fällt er oft erst einmal in Ohnmacht. Denn Blut spielt eine wichtige Rolle im Islam und gilt als unrein.“ Auch werde Blut als konstante Menge betrachtet, die nicht ersetzt werden kann, so Iranee.

Während der Behandlung sollten Ärzte die Intimsphäre berücksichtigen. „So sollte etwa bei einem männlichen Patienten keine weibliche Person während der Untersuchung anwesend sein.“ Auch sei der Spruch „Machen Sie sich mal frei“ für arabische Patienten sehr direkt und irritierend, denn es herrscht ein ausgeprägtes Schamgefühl.

Die Patienten wissen natürlich, dass sie sich ausziehen müssen, eine etwas freundlichere Formulierung würde schon helfen, so Iranee. „Für arabische Patienten ist es wichtig, dass der Arzt Mitgefühl zeigt und sensibel auf die kulturellen Unterschiede reagiert.“

Auch kann es hilfreich sein, wenn der Arzt Patienten anfangs kurz erklärt, wie das deutsche System funktioniert und ihm beispielsweise sagt, dass es keine Geschlechtertrennung gibt und sie auf die vielleicht ungewohnte Situation vorbereitet. Ein arabischer Patient hat die Erwartung, dass er ein Medikament verordnet bekommt, selbst wenn es ein Placebo ist, so Iranee.

Der Arzt sollte auch sehr bestimmt auftreten und nicht sagen „Wir versuchen das jetzt mal mit der Therapie“, so etwas irritiere arabische Patienten.

Verordnungen genau erklären

Vom Arzt verordnete Diäten werden teilweise nicht eingehalten, weil eine andere Vorstellung über gutes und nahrhaftes Essen existiert. Der Arzt sollte dem Patienten daher genau erklären, wieso die verordnete Diät wichtig für ihn ist, so Iranee.

Schwierig ist der Umgang mit Zeit. Termine pünktlich einhalten fällt arabischen Patienten teilweise schwer. Dies kann häufig zu Konflikten führen.

Zeit spielt bei arabischen Patienten auch während der Behandlung eine entscheidende Rolle. Sie erwarten, dass der Arzt sich Zeit nimmt, was für Ärzte mit einem engen Zeitfenster oft ein Problem darstellt.