Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

In der Pandemiezeit ist die Komplementärmedizin unter etlichen Kolleginnen und Kollegen sehr in Verruf geraten. Von Schwurbelei war oft die Rede. Das möchten wir als Vertreter eines komplementärmedizinischen Zweiges gar nicht hören und eigentlich auch nicht auf uns sitzen lassen.

Um gut entgegnen zu können, muss man sich die Grundlage des Vorwurfs aus Sicht des Anklägers ansehen. Das ist die oft fehlende Evidenz der Methode. Fehlt diese wirklich? Chinesische Medizin in all ihren Facetten kann auf eine lange Geschichte voller empirischer Beobachtungen zurückblicken. Allerdings haben die Chinesen sehr gut verstanden, auch die Evidenzfindung nicht zu vernachlässigen und so kommen aus China mittlerweile Akupunkturund Kräuterstudien von guter Qualität. Nun sind wir in unseren Gesellschaften auch untereinander nicht ganz gleich eingestellt, was die Notwendigkeit der Evidenzerbringung betrifft. Für unsere Patientinnen und Patienten zählt die Empirik. Das Erleben, dass es ihnen mit unseren Methoden besser geht. Das ist letztendlich das was für die Arzt-Patienten-Beziehung essenziell ist und wofür wir arbeiten.

Damit wir unser Wissen um die Methoden der Chinesischen Medizin aber zertifiziert unterrichten können, ja wir von der OGKA sogar an der Medizinischen Universität Graz, braucht es die Evidenz. Auch um skeptischen Kolleginnen und Kollegen Kontra bieten zu können und gegen das Argument der Schwurbelei anzukommen, die immer wieder kritisieren, dass die österreichische Ärztekammer diverse komplementärmedizinische Diplome vergibt. Im Gegensatz zu etlichen anderen komplementärmedizinischen Fächern wäre es mir sehr recht, wenn die Ärztekammer eine Evidenzevaluierung bezüglich der Rechtfertigung eines solchen Ärztekammerdiploms gäbe. Denn in der Chinesischen Kräuterheilkunde und in der Akupunktur gibt es genügend Evidenz.

Das Problem ist nur, dass selbst unter uns oft Unwissen herrscht, wie gut die Evidenz ist. Deshalb hier in Kürze:

Wenn man auf Pubmed, der medizinischen Database, den Begriff Akupunktur eingibt, kommen über 34.000 Studien. Das heißt, es gibt deutlich mehr und bessere Studien als nur die vielzitierte GERAC-Studie.

Evidenzbasiertheit heißt nicht nur studienvalidiert. Evidenz ist ein Trio aus aus:

  • Studienlage (externe Evidenz),

  • der Erwartung und Präferenz des Patienten,

  • der klinischen Erfahrung und Expertise des Arztes.

Das ist doch eigentliche eine wunderschöne Definition, die ganz viel Empirik erlaubt und trotzdem den Anspruch an die Wissenschaftlichkeit erfüllt.

Vielleicht haben wir aus teilweiser Uninformiertheit verabsäumt, gute Argumente für unsere komplementärmedizinische Methode zu finden. Nennen wir sie besser – dem internationalen Standard entsprechend – integrative Medizin. Wir sind ja Ärzte, die beides können.

Wer sich studienmäßig updaten möchte, die neuesten Forschungsergebnisse bezüglich der Wirkung der Akupunktur lesen möchte oder einfach studienbasierte Akupunkturprotokolle zu diversen Erkrankungen nachschlagen möchte, der ist herzlich eingeladen, auf unserer Homepage zu surfen, wir haben mehrere hundert Studien online. www.ogka.at/studien. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an unseren „OGKA-Wissenschaftsminister“ Dr. Matthias Huemer.

In diesem Sinne, alle für einen und alle für die Chinesische Medizin!

Ihre

O. Pojer

figure 1

Dr. med. univ. Olivia Pojer