Man darf davon ausgehen, dass viele von Ihnen dieses Themenheft rund um Haustierallergien nicht nur aus ärztlicher Sicht, sondern auch aus privatem Interesse lesen. In über 50 % der Haushalte und sogar in fast 70 % der Haushalte mit Kindern wohnt ein Haustier.

Das Zusammenleben mit den Tieren hat sich in den letzten Jahrzehnten signifikant verändert. Früher mussten sich Haustiere zumeist ihr "Brot verdienen", indem die Katzen Mäuse fingen, Hunde auf den Hof aufpassten oder Pferde den Karren zogen. Heute gehören Tiere zu einem offenen und modernen Lifestyle, Katzen und Hunde werden zumeist in urbanen Ballungszentren in relativ kleinen Wohnungen und - aus Sicht der Hygienehypothese - viel zu rein gehalten. Pferde wiederum sind heute teure Sport- und Hobbytiere und die Ställe weisen demnach meist sehr saubere Einstreu auf. In diesen im Vergleich zu früher extrem hygienischen Bedingungen entwickeln besonders die atopischen Tierhalterinnen und Tierhalter allergische Sensibilisierungen und Erkrankungen, aber auch die Tiere selbst (z. B. Katzen-Asthma, Pferde-Husten).

Der Hauptgrund für das enorme Interesse an Tieren ist ihr Beistand in unserer stressreichen Zeit gegen die Einsamkeit und für das seelische Wohlergehen. Etwaige Risken für mögliche Allergien wie auch zoonotische Erkrankungen werden in der Kaufentscheidung ausgeblendet. Tierhaltung wird dann oft als Erweiterung der Familie bis hin zur Elternschaft interpretiert. Der Umgang mit Tierhalterinnen und Tierhaltern in der allergologischen Sprechstunde ist daher ein heikler Balanceakt zwischen medizinischer Indikation und Verständnis für die Familie. Die Tatsache, dass es weltweite Kalendertage gibt, die dem Heimtier gewidmet sind (4. Juni: Umarme-Deine-Katze-Tag, 23. Juni: Nimm-Deinen-Hund-mit-zur-Arbeit-Tag, 8. August: Internationaler Katzentag) spricht Bände.

In der vorliegenden Ausgabe haben die Autorinnen und Autoren einen weiten Bogen um diese weltweiten Tage gespannt und sie in Relation zu Allergien gesetzt. Anna Zschocke teasert das Thema an, indem sie nicht nur die geltenden Empfehlungen der Leitlinien zusammenfasst, sondern bereits anklingen lässt, dass atopische Familien mit Tierwunsch oder -besitz eben gesondert zu beraten sind (S. 14). Antonia Currie et al. beleuchten sehr anschaulich dermatologische Differenzialdiagnosen zwischen Allergie und Zoonose, die Tierhalterinnen und Tierhalter betreffen können, und an die man denken sollte (S. 18). Wolfgang Hemmer stellt neueste Erkenntnisse der molekularen Allergiediagnostik vor, die besonders zur Identifizierung von Kreuzreaktivitäten zwischen Tieren hilfreich sind (S. 27). Nach Erfahrungen aus der Sprechstunde zwischen Scheidung und Familienzwist dürfen ich und meine Co-Autoren Ihnen innovative Ansätze zum Management der Katzenallergie näherbringen (S. 34). Letztlich führen uns Isabella Pali et al. am Beispiel des Menschen besten Freundes, dem Hund, vor, ob es sinnvoll und aus allergologischer Sicht auch zulässig ist, den Hund mit zur Arbeit zu bringen (S. 42).

Somit darf ich Ihnen viel Freude und auch interessante Erkenntnisse bei der Lektüre dieser Allergo-Journal-Ausgabe wünschen.

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Univ.-Prof. Dr. Erika Jensen-Jarolim, Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung, Medizinische Universität Wien