Nahrungsmittel sind die häufigsten Auslöser einer Anaphylaxie bei Kindern und die Erdnuss nimmt dabei mit Abstand die Spitzenposition ein. Die durch Erdnüsse ausgelösten Anaphylaxien verlaufen häufiger schwer und müssen eher stationär behandelt werden als andere anaphylaktische Reaktionen, betonte Prof. Dr. Margitta Worm, Berlin.

Anders als bei anderen Nahrungsmittelallergien genügt bei Erdnussallergikern in vielen Fällen schon eine vergleichsweise geringe Menge, um eine Anaphylaxie auszulösen. Das strikte Meiden des Allergens ist schwierig, die Angst vor der Erdnuss ein ständiger Begleiter. Die Verschreibung eines Adrenalin-Autoinjektors verbessert zwar das Selbstmanagement anaphylaktischer Reaktionen im Alltag, aber: "Der Bedarf für eine kausale Therapie ist hoch", so Worm.

Als erste kausale Therapie für Kinder und Jugendliche mit Erdnussallergie ist seit 21. Dezember 2020 eine orale Immuntherapie mit exakt dosierter und kontrollierter Allergenmenge in Kapselform (Palforzia®) - nach den USA - auch in der Europäischen Union (EU) von der Europäischen Arzneimittelagentur zugelassen. Palforzia® ist zur Behandlung von Patienten im Alter von vier bis 17 Jahren mit bestätigter Diagnose einer Erdnussallergie indiziert. Die Anwendung kann bei Patienten, die 18 Jahre und älter sind, fortgeführt werden und hat in Verbindung mit einer erdnussfreien Ernährung zu erfolgen.

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Bei Kindern zählen Erdnüsse zu den häufigsten Auslösern schwerer allergischer Reaktionen.

Die Studiendaten, auf denen die Zulassung beruht, stellte Prof. Dr. Kirsten Beyer, Berlin, im September auf dem Deutschen Allergiekongress vor: Die wiederholte Exposition gegenüber steigenden Allergendosen mit anschließender Erhaltungstherapie führte unter einer Behandlung mit Palforzia® im Vergleich zu Placebo zu einer signifikant höheren tolerierten Menge an Erdnussprotein in der Provokationstestung. Vor der Behandlung hatte diese Menge bei höchstens 100 mg gelegen, was etwa einem Drittel einer Erdnuss entspricht. Bereits gegen Ende des ersten Jahres kamen in der PALISADE-Studie 67,2 % der Immuntherapie-Patienten mit 600 mg, also zwei Erdnüssen, zurecht (Placebo: 4,0; p < 0,001) [PALISADE Group of Clinical Investigators et al. N Engl J Med 2018;379:1991-2001].

In der europäischen ARTEMIS-Studie, an der 175 Erdnussallergiker im Alter von vier bis 17 Jahren teilgenommen haben, vertrugen 58 % sogar 1.000 mg Erdnussprotein (Placebo: 2 %; p < 0,0001) [Hourihane JOB et al. Lancet Child Adolesc Health 2020;4:728-39].

"Wir sind stolz, dass Palforzia® in Zukunft auch Patienten in der EU zur Verfügung steht, für die es bislang keine zugelassene Therapieoption gab", kommentierte Andrew Oxtoby, Präsident und CEO von Aimmune Therapeutics, die Zulassung.

Frühstückssymposium "Nahrungsmittelallergie in Deutschland: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft" im Rahmen des 15. Deutschen Allergiekongresses, 25. September 2020, Wiesbaden; Veranstalter und Informationen: Aimmune Therapeutics