Ein erhöhter IgE-Spiegel ist ein Marker für Atopie, Allergie und Parasitenbefall. Neueren Untersuchungen zufolge scheint das Immunglobulin auch im Krebsgeschehen eine wichtige Rolle zu spielen. Ein erstes Positionspapier fasst den Stand der Dinge zusammen.

Lange Zeit war IgE in der Medizin lediglich als physiologisches Immunglobulin in der Abwehr parasitärer Infestationen bekannt. Pathophysiologisch spielt es eine wichtige Rolle bei Atopie und Allergie. In einem neuen Licht erscheint nun aber das bisher eher negativ wahrgenommene Immunmolekül in sich häufenden Berichten über seine Rolle in der physiologischen Krebsabwehr. Eine Task Force der EAACI für AllergoOncology hat nun ein erstes Positionspapier zur Rolle erhöhter und erniedrigter IgE-Spiegel erarbeitet - jedoch noch ohne die sonst üblichen evidenzbasierten Empfehlungen.

Systematisch aufgeteilt in sechs Schwerpunktbereiche berichtet das AllergoOncology-Expertengremium neben Grundlagen zur IgE-Synthese und Regulation unter anderem über die Rolle von erhöhtem IgE als Biomarker bei verschiedenen Allergien und parasitären Infestationen.

In Teil fünf behandeln die Experten dann die Rolle von IgE in der körpereigenen Krebsabwehr. So werden zum Beispiel solide Tumoren durch IgE-Rezeptor-exprimierende Immunzellen infiltriert und dadurch unter anderem die antikörperabhängige Antitumor-Zytotoxizität (ADCC) und die antikörperabhängige zellmediierte Phagozytose (ADCP) induziert.

Mittlerweile läuft sogar schon eine erste Phase-I-Studie mit rekombinantem Krebs-antigenspezifischem IgE bei Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren. Erste Interimsresulate sind ermutigend, weitere Untersuchungen in Planung.

Derzeit ebenfalls intensiv erforscht wird der Zusammenhang zwischen sehr niedrigen Serum-IgE-Spiegeln und dem erhöhten Risiko für verschiedene Malignitäten. Vor allem epidemiologische und retrospektive Studien finden hier Assoziationen. Unklar ist bisher aber, ob die niedrigen IgE-Spiegel für die Krebsentwicklung ursächlich verantwortlich oder lediglich eine Folge der Erkrankung sind. In einigen Studien ließ sich allerdings recht konsistent dokumentieren, dass erhöhte IgE-Spiegel vor bestimmten Tumorarten schützen.

Fazit: Neben der Abwehr von Parasiten scheint IgE, eine wichtige Rolle in der Tumorabwehr zu spielen. Möglicherweise ist ein sehr niedriger IgE-Spiegel ein Krebsrisikomarker. Diese Zusammenhänge werden derzeit bereits auf ihre therapeutische Nützlichkeit hin untersucht. So befinden sich bereits rekombinante IgE-Antikörper bei Patienten mit soliden Tumoren in der Phase-I-Erprobung.

Ferastraoaru D et al. AllergoOncology: ultra-low IgE, a potential novel biomarker in cancer - a Position Paper of the European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI). Clin Transl Allergy 2020;10:32