Warum es sich lohnen könnte, ein Hausmittel gegen Erkältungen auch bei COVID-19 zu untersuchen.

Zwiebeln und Zwiebelpräparate verfügen über eine Reihe von antientzündlichen, antithrombotischen und eventuell sogar antiviralen Effekten und haben einen festen Platz in der traditionellen Medizin. Zwei deutsche Mediziner haben nun die Hypothese aufgestellt, dass Zwiebelsaft auch die Selbstmedikation in der Frühphase einer COVID-19-Erkrankung unterstützen könnte. Walter Dorsch und Johannes Ring, beide aus München, begründen dies insbesondere mit den antiinflammtorischen Wirkungen. So können Zwiebeln beim Menschen allergeninduzierte entzündliche Spätreaktionen unterdrücken, eine Bronchialobstruktion nach Exposition gegen Inhalationsallergene verhindern und bei lokaler Anwendung allergische Entzündungsreaktionen der Haut reduzieren. Als aktive Inhaltsstoffe sind vor allem Thiosulfinate und Cepaene identifiziert worden. Sie unterdrücken zum Beispiel die Histaminfreisetzung und die Leukotriensynthese von humanen Granulozyten, die Bindung von Plättchenaktivierendem Faktor (PAF) an Thrombozyten und die Thromboxansynthese in plättchenreichem Plasma.

Für die Behandlung von SARS-CoV-2-Infektionen soll das Trinken eines speziell zubereiteten Zwiebelsafts getestet werden. Die Nebenwirkungen - erhöhte Darmaktivität, Flatulenz und Atemgeruch - werden als tolerierbar eingeschätzt.

Dorsch W et al. Anti-inflammatory substances from onions could be an option for treatment of COVID-19 - a hypothesis. Allergo J Int 2020; 29:284-5

Kommentar

Sehr lesenswertes Hypothesenpapier, in dem die Autoren basierend auf gemeinsamen Arbeiten aus den 1980er-Jahren natürliche Extrakte aus der Zwiebel als Therapieoption bei SARS-CoV-2-Infektionen vorschlagen. Tatsächlich gibt es aktuell eine wachsende Anzahl an Beiträgen über Phytotherapeutika als potenzielle Inhibitoren von wesentlichen Zielstrukturen in der Pathogenese von COVID-19. Hier werden unter anderem mittels In-silico-Analyse neue Kandidaten für die gezielte Blockade der SARS-CoV-2-Protease oder des Spikeproteins identifiziert. Es bleibt abzuwarten, ob und welcher dieser Ansätze tatsächlich den klinischen Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion zu beeinflussen vermag.