Wer hat sich nicht schon einmal gewünscht, im Schlaf zu lernen? Sich ins Bett legen, schlafen und nach dem Aufwachen beherrscht man fließend eine neue Sprache - ganz so einfach funktioniert es zwar nicht, dennoch ist es eine wichtige Funktion des Schlafes, die Gedächtnisbildung zu unterstützen. Dies scheint leider auch im Fall von allergischen Reaktionen zu funktionieren, wie Wissenschaftler der Universität Tübingen jetzt erstmals in einer experimentellen Studie mithilfe der aus der Verhaltensforschung bekannten klassischen Konditionierung zeigen konnten [Besedovskya L et al. Proc Natl Acad Sci USA 2020;19;117:10983-8].

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Dazu hielten sich Birkenpollen- oder Graspollenallergiker zunächst für 45 Minuten in einem standardisierten Versuchsraum auf. Nach diesem Zeitraum wurde ihnen ein bestimmter Geruch (konditionierter Stimulus) für sechs Sekunden und unmittelbar danach Pollenallergene (unkonditionierter Stimulus) per Nasenspray präsentiert. Die darauffolgende Nacht verbrachten die Probanden in einem Schlaflabor - eine Hälfte durfte acht Stunden schlafen, die andere musste in der gleichen Zeit wach bleiben. Nach einer Woche reagierten Allergiker aus der Schlafgruppe bereits auf den Versuchsraum noch bevor sie dem konditionierten Stimulus oder Pollenallergenen ausgesetzt waren. Dieser Effekt trat kein einziges Mal in der Gruppe mit Schlafentzug auf. Schlafen scheint also notwendig zu sein, um eine Assoziation zwischen der Umwelt und dem Allergen herzustellen, und so die allergische Reaktion zu triggern. Allerdings sei die Probandengruppe mit 25 Allergikern relativ klein gewesen, wie die Studienautoren einräumen. Dennoch hätten die Ergebnisse wichtige Auswirkungen auf das Verständnis der häufig beobachteten allergischen "Placeboreaktionen", die auch in Abwesenheit von Allergenen auftreten können.