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© Sebastian Semmer, Berlin / wikonect

Der größte deutsche Fachkongress in der Allergologie, der Deutsche Allergiekongress, fand vom 26.–28. September 2019 im HCC Hannover Congress Center statt und stand dieses Jahr unter dem Motto: „Miteinander. Unsere Zukunft. Gestalten. Gemeinsam für die Zukunft der Allergologie“. Über 1.300 Besucher informierten sich in insgesamt 85 Symposien über viele Neuigkeiten aus allen Bereichen der Allergologie. Eine kleine Auswahl der auf dem Kongress behandelten Themen finden Sie hier.

Allergologische Aspekte von Tätowierungen

_ 10 bis 20 % der Bevölkerung Deutschlands lassen sich Tattoos stechen. Und unter den Jugendlichen steigt diese Zahl weiter an. Unverträglichkeitsreaktionen, die nach einer Tätowierung auftreten, können die Folge einer Infektion sein oder aber eine allergische Reaktion.

Bei allergischen Reaktionen auf Substanzen, die bei Tätowierungen verwendet werden, kommen viele Allergene infrage. Zahlreiche Substanzen sind dabei jedoch nicht deklariert und die Kontrolle der Tätowiermittelverordnung ist mangelhaft. Bisher gibt es keine belastbaren Daten zum allergenen Potenzial einer Tätowierung.

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Aus allergologischer Sicht bergen Tätowierungen diverse Gefahren.

© Belyjmishka / Getty Images / iStock

Im Zusammenhang mit der Vorbereitung und dem Prozess des Tätowierens kommen Kolophoniumwasser und Farbstoffe zum Anzeichnen der Tätowierung (z. B. Kristallviolett) zum Einsatz, zudem Bindemittel wie Acrylate, Schellack und Polyethylenglykol sowie auch das Lösemittel Propylenglykol. Der Fixierung dienen Teebaumöl, Parabene, Cetylstearylalkohol, Polypropylenglykol, Acrylate, Phenoxyethanol und Ethylacetat.

Als Konservierungsmittel kommen Formaldehyd, Isothiazolinone und Methyldibromoglutaronitril (MDBGN) infrage. Nach der Tätowierung kommt es zur Verwendung von Duftstoffen (z. B. „Tattoo-Butter“), Abwaschseife (u. a. Cocamidopropylbetain) sowie einem „Tattoo-Finish“ (z. B. Aluminiumchlorid, Octenisept, Neocutan).

Die Substanz „Carbon Black“ ist elementarer Kohlenstoff und gilt weitgehend als unproblematisch. „Black Carbon“ dagegen sollte nicht verwendet werden, denn es besteht aus undefinierten Konglomeraten unvollständiger Verbrennungsvorgänge. Zudem sollten Eisenoxidpigmente bei einer Nickelallergie nicht verwendet werden, so PD Dr. Heinrich Dickel, Bochum.

Allergien durch unlösliche Pigmente, die im Körper persistieren, zeigen sich häufig erst nach Jahren. Bei wasserlöslichen Zusatzstoffen, die bereits nach einigen Tagen ausgeschieden werden, kommt es zu allergischen Reaktionen, wenn vorab bereits einer Sensibilisierung vorlag.

Als Ursache allergischer Reaktionen auf Azo-Tätowierfarbstoffe kommt der Abbau oder Zerfall der Farben durch Cytochrom P450, UV-Strahlen, Laserbehandlung und Pyrolyse infrage. Dabei können zudem auch aromatische Amine entstehen.

Klinisch sieht man lichenoide Reaktionen, allergische Kontaktekzeme, Hyperkeratosen und Ulzera. Als Differenzialdiagnosen kommen Pseudolymphome, Granulome, Sarkoidose, Wundheilungsstörungen und Infektionen infrage.

Da die zur Tätowierung verwendeten Substanzen dem Patienten meist unbekannt sind, ist die allergologische Diagnostik oft aufwändig. Verwendet werden können die Standardreihen der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe mit den Blöcken Nr. 1 (Standardreihe), Nr. 24 (Leder und Textilfarben), Nr. 37 (Industrielle Biozide), Nr. 38 (Konservierungsmittel, z. B. in Externa), und Nr. 47 (Tätowiermittel, seit Juli 2018 verfügbar).

Der Epikutantest wird an Tag 7, 14 und 21 (Spätablesung) abgelesen.