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In der Rubrik „Literatur kompakt“ werden die wichtigsten Originalarbeiten aus der internationalen Fachliteratur referiert.

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Im Jahr 2007 wurden in der finnischen Stadt Nokia über zwei Tage hinweg versehentlich rund 450 Tonnen Abwasser mit dem Trinkwasser vermischt. Dieser Störfall führte zu einer Epidemie, bei der tausende Menschen an einer Magen-Darm-Infektion erkrankten. Im Wasser wie auch in Stuhlproben Erkrankter wurde eine Reihe verschiedener bakterieller und viraler Pathogene gefunden.

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Kontakt mit kontaminiertem Trinkwasser kann unter bestimmten Voraussetzungen vor Allergien schützen.

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Für Wissenschaftler bot sich hier die Gelegenheit zu untersuchen, ob eine solche kurzzeitige Exposition gegenüber einer Vielzahl an Mikroben die Entwicklung von Allergien im Kindesalter beeinflusst. Im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie wurden bei 139 Kindern, die in der betroffenen Region lebten und dem kontaminierten Wasser ausgesetzt gewesen waren, sowie bei Kindern aus einem anderen Bezirk zwei und fünf Jahre nach dem Vorfall mittels Fragebogen klinische Symptome erhoben und durch Haut-Pricktests Sensibilisierungen abgeklärt. Es zeigte sich, dass Kinder, die vor dem Alter von einem Jahr mit dem verunreinigten Wasser Kontakt hatten, fünf Jahre später in Pricktests seltener positiv waren als ihre Altersgenossen (Odds Ratio: 0,311, 95%-Konfidenzintervall: 0,118–0,820; p = 0,019), vor allem, wenn sie nach der Exposition keine Gastroenteritis entwickelt hatten. Kinder, die zum Zeitpunkt der Exposition älter als ein Jahr alt waren, hatten dagegen vermehrt positive Resultate im Pricktest (Odds Ratio: 1,997, 95%-Konfidenzintervall: 0,963–4,143; p = 0,070), insbesondere wenn sie an einer Gastroenteritis erkrankt waren. Die Exposition führte in keiner Altersgruppe zu einer Reduktion klinisch manifester Allergien im Vergleich zu den Kontrollen.

Fazit: Insgesamt wurde das Risiko für Allergien durch die Exposition mit dem verunreinigten Wasser nicht beeinflusst. Nur bei Kindern, die schon im ersten Lebensjahr dem kontaminierten Wasser ausgesetzt waren, reduzierte sich das Risiko für IgE-Sensibilisierungen. Neben dem Alter bei Exposition erwies sich als bedeutsam, ob die Kinder an einer Gastroenteritis erkrankten: Eine Erkrankung scheint einem möglichen protektiven Effekt gegenüber Allergien entgegenzuwirken. Möglicherweise schützen aber auch bestimmte Abwehrmechanismen sowohl vor einer Erkrankung als auch vor einer atopischen Sensibilisierung.