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„Es scheint an der Zeit, erneut den Facharzt für Allergologie zu fordern und unserem Fachgebiet somit die gebührende Anerkennung und Qualitätssicherung zu ermöglichen.“

Prof. Dr. Thilo Jakob, Klinik für Dermatologie und Allergologie, Universitätsklinikum Gießen, UKGM

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Prof. Dr. Margitta Worm, DGAKI-Präsidentin, Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Allergie-Centrum-Charité

Trotz intensiver Bemühungen von DGAKI und AeDA mit Unterstützung von DDG, BVDD, DGP und GPA ist es uns nicht gelungen, dass die aus unserer Sicht untragbare Entscheidung zur Musterweiterbildungsordnung Allergologie von 2018 auf dem letzten Deutschen Ärztetag in Münster revidiert wurde. Die Weiterbildung Allergologie kann in Zukunft berufsbegleitend ohne weitere klinische Ausbildungszeit erworben werden. Eine Entwicklung, die wir für falsch erachten und die zu einer Verwässerung der Ausbildungsstandards in der Allergologie führen wird. In keinem anderen europäischen Land gibt es so viele Allergologen wie in Deutschland, trotzdem wird die bisherige Weiterbildungsordnung mit einer 18-monatigen klinischen Tätigkeit als unzumutbare Hürde betrachtet und gegen eine „Allergologie Light“-Version eingetauscht, die nun von entsprechenden Protagonisten als Durchbruch gefeiert wird. In einer aktuellen Pressemitteilung des Berufsverbandes der HNO-Ärzte heißt es, dass hierdurch ein wichtiger Schritt für die flächendeckende Versorgung von Allergien in Deutschland sichergestellt wird und endlich die unnötigen Hürden der bisherigen Weiterbildungsordnung abgebaut wurden. Weiter heißt es „Mit der fünfjährigen Facharztweiterbildung erwerben HNO-Ärzte umfangreiche allergologische Kenntnisse. HNO-Ärzte sind mit dem erfolgreichen Abschluss der Facharztprüfung umfassend qualifiziert, Allergien zu behandeln. Die Zusatzweiterbildung vertieft die Kompetenzen“. Wer die aktuelle Situation der Facharztweiterbildung in der HNO kennt, weiß, dass besonders im DRG-gesteuerten Klinikbetrieb die Allergologie gerne ins Abseits gerät und die klinische Ausbildung in der Regel zu kurz kommt. Darüber hinaus umfasst das Fachgebiet Allergologie weit mehr als ein bisschen Rhinitis und Sinusitis und sollte in der vollen Breite auch in Zukunft von denen verstanden und beherrscht werden, die sich als Allergologen bezeichnen. Es scheint an der Zeit, erneut den Facharzt für Allergologie zu fordern und somit unserem interdisziplinären Fachgebiet die gebührende Anerkennung und Qualitätssicherung zu ermöglichen, die es verdient. Passend hierzu wurde am 19. Oktober das European Training Requirement Allergology im UEMS Council in Brüssel verabschiedet. Selbstverständlich muss es eine Flächenversorgung für allergologische Erkrankungen geben. Gleichzeitig stellen wir jedoch fest, dass allergologische Erkrankungen immer komplexer werden und sich oft an mehreren Organen gleichzeitig äußern. Hier ist ein stufenweises Versorgungskonzept sinnvoll, das neben der flächen-deckenden Grundversorgung durch Ärzte mit Zusatzbezeichnung Allergologie, auch die Versorgung durch speziell weitergebildete Fachärzte für Allergologie vorsieht, die diese Bezeichnung parallel zu einem anderen Facharzt führen, und sich primär den komplexen Fällen mit Multisystembeteiligung widmen.

Wie viele Adrenalinautoinjektoren (AAI) verordnen Sie Patienten mit Anaphylaxierisiko? Hierzu gab es 2015 eine Empfehlung der EMA: Patienten sollen demnach zwei Autoinjektoren verschrieben werden, die sie ständig bei sich haben sollten. Dieser Empfehlung zugrunde lagen Studien, die zeigten, dass im Anaphylaxiefall die Gabe eines zweiten AAI notwendig sein kann und dass die Resorptionsmenge durch Applikationsfehler nicht immer sichergestellt war. Interessant dabei ist, dass die EMA Vorschriften für die Hersteller machen kann, nicht jedoch für die verordnenden Ärzte. Eine Anfrage des AeDA bei seiner Rechtsberatung ergab: Die EMA-Empfehlung sei für die behandelnden Ärzte juristisch nicht bindend — weder hinsichtlichtlich der Notwendigkeit der Verordnung von zwei AAI, noch in Hinsicht auf eine exkulpierende Wirkung bei möglichen Prüfverfahren, die die Notwendigkeit von zwei AAI bezweifeln. Noch komplexer wird die Situation, wenn man den aktuellen Rote-Hand-Brief der Firma Bausch und Lomb zu den Aktivierungsfehlern ihrer AAI liest: Demnach sind Patienten, denen der AAI verschrieben wurde, darauf hinzuweisen, zwei Fertigpens bei sich zu tragen. Sollte der erste nicht aktiviert werden können, sei der zweite zu verwenden. Wie absurd diese Empfehlung ist, merkt man, wenn man sie mit der der EMA kombiniert: Dann müssten wir konsequenter Weise unseren Patienten eigentlich vier AAI rezeptieren, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.

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